Koller Autographen, Buchmalerei & Manuskripte Mittwoch, 30. März 2022

| 122 Bücher | Technik & Naturwissenschaften 420 ZOOLOGIE - Merian, Maria Sibylla. Dissertatio de generatione et metamorphosibus insec- torum Surinamensium. Mit 1 gest. kolor. Fronti- spiz, 2 gest. kolor. Titelvignetten (in Wiederho- lung), 1 kolor. Kopfvignette mit Wappen sowie 72 altkolorierten Contre-épreuve Drucken der Kupfertafeln von J. Mulder, P. Sluyter u. D. Stoopendael nach M. S. Merian. Den Haag, P. Gosse, 1726. Gr.-Folio. [5] Bll., 72 S. Prachtvol- ler roter Maroquin-Einband d. Z. mit goldgepr. Rückenschild, reicher Rückenvergoldung, Deckelbordüren und Wappensupralibros der Familie Bourbon-Condé (oberes Kapital mit kl. Fehlstelle, kl. Gelenkeinrisse, Ecken bestossen, Gelenke an den Bünden etwas berieben, Deckel leicht fleckig und mit kl. Schabspuren). Nissen BBI 1341 - Pritzel 6105 - Hagen I, 535 - vgl. Sitwell-Blunt 67 u. Landwehr 132. - Dritte Ausgabe, die erste mit lateinisch-französi- schem Paralleltext. Gegenüber der Erstausgabe von 1705 um 12 Tafeln vermehrt.- Eines der wenigen Luxus-Exemplare mit den handkolo- rierten Stichen imGegendruck-Verfahren. Ein Gegendruck entsteht, wenn das noch feuchte Papierblatt des Probedrucks auf einen zweiten Bogen gelegt und dann mit Hilfe der Drucker- presse noch einmal abgezogen wird. Das so entstandene Contre-Épreuve entspricht dann dem Bild auf der Original-Druckplatte, ist also nicht seitenverkehrt, wie die Originalgraphik. Lediglich die gedruckte Signatur und Nummer der Tafeln erscheint in Spiegelschrift. - Der lateinische Text stammt mutmasslich von C. Commelin, die französische Übersetzung von J. Rousset de Missy. - Das heute extrem seltene Hauptwerk Maria Sibylla Merians, das seine Entstehung der epochalen Reise der Künstlerin mit ihrer Tochter nach Südamerika in den Jahren 1699 bis 1701 verdankt. Die gleichermassen naturwissenschaftlich wie in ihrer künstlerischen Ausführung bedeutenden Tafeln zeigen exotische Schmetterlinge in allen Entwicklungsstadien auf blühenden Pflanzen und Früchten, meist in Lebensgrösse, ergänzt um einige verkleinerte Reptilien- und Amphibi- endarstellungen. "Ihre schon beim Raupenbuch erwiesene Meisterschaft, den Pflanzen und Tieren bei der Darstellung ihre Eigentümlichkeit zu erhalten und sie trotzdem in eine wirksa- me Bildkomposition hineinzubauen, hat mit dem Surinam-Werk einen unvergleichlichen Höhepunkt erreicht. Es gehört nicht nur zu den besten alten naturwissenschaftlichen Werken, sondern ist eines der prachtvollsten illustrierten Bücher, die je geschaffen wurden" (Rückert S. 14). „Die Erzählstrategie war insgesamt […] eine ästhetische Strategie: kunstreich wurde der eu- ropäische Leser und Betrachter vomVertrauten zum Fremdartigen und vom Fremdartigen zum Eigenen geführt. Das erste Blatt mit der bereits bekannten Ananas und den erstaunlich grossen Kakerlaken verwies bereits auf die ganz andere Natur Amerikas, die intensive Süsse der Früchte und die ungeheure Zerstörungskraft der Insek- ten“ (Natalie Zemon Davis, in: Kurt Wettengl (Hg.): Maria Sibylla Merian 1647-1717. Künstlerin und Naturforscherin, Ostfildern 2013, S. 183). - Exemplar in sehr farbintensivem, leuchtendem Kolorit. Dieses jeweils mit leichtemDurchschlag auf die weisse Rückseite und leichtemAbklatsch auf die gegenüberliegende Textseite. - Wenig gebräunt, stellenweise minim stockfleckig, in den Rändern ganz leichte Fingerspuren. - Provenienz: Wappen-Supralibros wohl von Louis-Henri de Bourbon-Condé (1692-1740; vgl. Guigard S. 34). - Gest. Wappenexlibris John Rolle, 1st Baron Rolle (1750-1842): "Nec rege, nec populo, sed utroque" auf Spiegel. - Schwei- zer Privatbesitz seit Generationen. CHF 60 000 / 90 000 (€ 56 600 / 84 910)

RkJQdWJsaXNoZXIy MTU2