Koller View 3/22

2 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde unseres Hauses OUR view. S. 2 Editorial PRE view. S. 2–9 Vorschau September-Auktionen 2022 INTER view. S. 10–11 Silke Stahlschmidt, PostWar & Contemporary RE view. S. 12–14 Rückblick Sommer-Auktionen 2022 OVER view. S. 15 Kontakte CALENDAR view. S. 16 Maria Sibylla Merian (1647–1717) und Angelika Kauffmann (1741–1807), zwei hochbegabte, enorm neugierige und selbstbewusste Frauen, ha- ben in einer damals durch und durch von Männern dominierten Welt der Kunst und der Naturforschung Aussergewöhnliches geleistet. Ihre Arbeiten brachten ihnen grössten Respekt ein – nicht nur bei ihren Zeit- genossen, sondern auch weit darüber hinaus. Verbunden sind Merian und Kauffmann durch ihre helvetischen Wurzeln. Beide stammten zu- dem aus Künstler- und Verlegerfamilien, was ihnen die seltene Chance eröffnete, auf dem Gebiet ihrer grossen Begabung geschult und geför- dert zu werden. Maria Sibylla Merian, aus einer alten Basler Familie stammend, wuchs in Frankfurt am Main auf, wo sie von ihrem Stiefvater, dem Blumenmaler Jacob Marell, zur Malerin ausgebildet wurde. Bereits in jungen Jahren an Insekten interessiert, fütterte, beobachtete und sammelte sie Raupen und hielt die Phasen ihrer Metamorphose in Aquarellen fest. In dem da- raus resultierenden mehrbändigen Raupenbuch manifestiert sich nicht nur ihre aussergewöhnliche künstlerische Begabung, sondern auch ihr naturwissenschaftliches Interesse. Die Neugier brachte die damals 52-Jährige dazu, von 1699 bis 1701 mit ihrer Tochter eine Reise in die niederländische Kolonie Surinam zu unternehmen, wo Exkursionen in die Urwälder zummonumentalen Werk über die dortige Flora und Fauna führten. Dieser Meilenstein der Buchkunst gelangt in unserer Auktion für Bücher und Autographen vom 21. September 2022 zur Versteigerung. Angelika Kauffmann wurde knapp einhundert Jahre nach Maria Sibyl- la Merian in Chur geboren und ging mit ihrem Vater nach Italien. 1764 porträtierte sie den deutschen Gelehrten Winckelmann. Mit gerade mal 27 Jahren wurde sie Gründungsmitglied der Royal Academy in London (als eine von nur zwei Künstlerinnen – und es sollte über 160 Jahre dau- ern, bis wieder eine Frau in die Royal Academy aufgenommen wurde), wo sie den berühmten Porträtisten Joshua Reynolds malte. Nach ihrer Titelblatt (Detail), siehe S. 4 Vorschau auf die Auktion Bücher und Autographen vom 21. September 2022 Die ganzeWelt in einemBuch Mit der klugen Kombination von Karten und erläuternden Texten erfand Abraham Ortelius (1527–1598) den Buchtypus Atlas. Der Ortelius-Atlas aus unserer Buch- auktion (Abb. 1) versammelt die Kenntnisse der besten Geografen seiner Zeit; die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus und die erste Weltumseglung durch Ma- gellan lagen noch nicht weit zurück. Nach dem Erfolg der Erstausgabe von 1570 ergänzten immer neue Karten den Bestand: Waren es anfangs erst 53, umfasst unser Exemplar von 1595 bereits 147. Das späte 17. Jahrhundert war geprägt vom zunehmenden Interesse an der Natur. Maria Sibylla Merian (1647–1717) reiste von 1699 bis 1701 in die niederländische Kolonie Surinam. Die dort von ihr gefertig- ten Zeichnungen waren Vorlagen für eine Serie von prachtvollen Kupferstichen, die 1719 in ihrem opus magnum , «Over de voortteeling en wonderbaerlyke veranderin- gen der Surinaamsche Insecten» erschienen (Abb. 2). Um das Jahr 1400 und wohl in Paris entstand das von uns im September anzubietende Stundenbuch, worauf dessen Schriftduktus und Dekoration sowie der Stil der fünf enthaltenen Miniatu- ren hinweisen (Abb. 3). 1 3 2 1 AbrahamOrtelius (1527–1598). Theatrum orbis terrarum. 3 Teile in 1 Band. Antwerpen, 1595. Schätzung: CHF 40 000/60 000 2 Maria Sibylla Merian (1647–1717). Surinaamsche Insecten/De europi- sche Insecten. 2 Teile in 1 Band. Den Haag, 1719. Schätzung: CHF 120 000/160 000 3 Horae B.M.V. – Stundenbuch. Paris, um 1400. Schätzung: CHF 60 000/80 000 Heirat mit Antonio Zucchi lebte sie in Rom, wo sie beste Beziehungen zu Künstlern, Aristokraten und Intellektuellen pflegte. Von besonderer gegenseitiger Wertschätzung geprägt war ihre Freundschaft mit Goe- the. 1780, kurz vor ihrer Heirat, entstand das kleine Selbstbildnis, das in unserer Auktion vom 23. September versteigert wird. Ihr Cyril Koller FÜR WEITERE INFORMATIONEN BÜCHER & AUTOGRAPHEN Dr. Andreas Terwey terwey@kollerauktionen.ch ONLINE-KATALOGE www.kollerauktionen.ch

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