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Page Background 1180* 1 PAAR GEFASSTE FAUTEUILS „A LA REINE“^

Louis XVI, sign.

J.B. BOULARD (Jean Baptiste Boulard, Meister 1755), Paris um 1770/75.

Buche kanneliert und beschnitzt mit Rosetten und Zierfries sowie hell­

blau/weiss gefasst. Geschweifter, trapezförmiger Sitz mit gerader Zarge auf

kannelierten Säulenbeinen. Flache, bogenförmig abschliessende Rücken-

lehne mit gepolsterten Armlehnen auf geschweiften -stützen. Hellblau/

beige gestreifter Seidenbezug mit Maschen, Blumen und Blättern.

70x50x49x100 cm.

J.B. Boulard führte sein Atelier in der Rue de Cléry in Paris und war ab

1770 nahezu ausschliesslich im „Service du Garde-Meuble de la Couronne“

tätig. Unter der Führung des Bildhauers J. Hauré, der alle Anschaffungen

des „Garde-Meuble“ leitete, fertigte J.B. Boulard, der sich bereits in den

1760er Jahren mit der Herstellung exquisiter Sitzmöbel einen grossen

Namen gemacht hatte, seine wohl bedeutendsten Stücke. Er lieferte 1785

für das Château de Compiègne ein elegantes Himmelbett (heute Bestand

der Sammlungen des Petit Trianon), 6 Fauteuils „à la reine“, 1 Paar Bergè-

ren und einen Kaminschirm (heute Bestand des Gulbenkian Museums in

Lissabon). Im gleichen Jahr fertigte er 36 Stühle „à la reine“ für den „Salon

des Jeux“ in Versailles. Ein Jahr später lieferte er weitere 36 Stühle „à la rei-

ne“ für den „Salon des Jeux“ in Fontainebleau (von denen einzelne Stücke

heute Bestand des Musée du Louvre in Paris, des Metropolitan Museums

in New York und der Wallace Collection in London sind). Die Vielzahl

der Aufträge brachte es mit sich, dass J.B. Boulard mit den bedeutends-

ten „menuisiers“ seiner Zeit zusammenarbeitete, wie z.B. mit F. Guérin,

den Foliots oder N. Heurtaut. J.B. Boulards kreative Imagination schien

grenzenlos; von ihm sind ausserordentlich viele, verschiedenartige Modelle

bekannt, denen allen die perfekte Ausführung und hohe Qualität eigen

sind. Nach seinem Tod führte die Witwe Boulard das florierende Atelier

weiter und belieferte bis 1792 den französischen Hof. Später fertigte das

Atelier auch Stücke im Auftrag der „Cour Impériale“. Boulards Sohn

Michel-Jacques leitete die Werkstatt bis 1823 und gebrauchte den Stempel

seines Vaters weiter.

CHF 5 000 / 8 000

(€ 4 630 / 7 410)

1181 PRUNK-DECKENLEUCHTER „AUX MASCARONS“,

Louis XVI,

von WERNER & MIETH (Firma von Gotthold Werner und Gottfried

Mieth, gegr. 1792), Berlin um 1790/1800.

Vergoldete Bronze, blaues Opalinglas sowie teils geschliffener Kristall-

und Glasbehang. Ausserordentlich fein durchbrochener Lichtring mit

durchbrochenen Arabesken und 8 geschweiften Lichtarmen mit durchbro-

chenen Tropftellern und vasenförmigen Tüllen sowie ausserordentlich fein

behangener Lichtkrone. H 125 cm. D 85 cm.

Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.

Ein nahezu identischer Deckenleuchter wurde bei Villa Griesebach, Berlin,

im Jahre 2016 (Katalognr. 452) verkauft. Ein weiterer wird im New Yorker

Kunsthandel angeboten. Ein dritter Leuchter ist Teil der Sammlungen

des Kirschgartenmuseums in Basel, fälschlicherweise als Wiener Elaborat

bezeichnet.

1792 wurde die Manufaktur Werner & Mieth gegründet und erhielt bereits

zwei Jahre später den Titel „manufacture privilégiée de la Cour“. Dies war

Basis für den immensen Erfolg der Firma, welche nicht nur die königlichen

Paläste, sondern auch für nahezu alle bedeutenden Adligen Berlins tätig

war. Im Jahre 1797 waren rund 30 Handwerker angestellt - für Arbeiten mit

Gold, Silber, vergoldeter Bronze, Glas, Kristall und Messing; die Manu-

faktur stellte bedeutende Leuchter für die Schlösser Sanssouci in Potsdam,

Montbijou und Charlottenburg, wo Friedrich II. 12 grosse Deckenleuchter

in Auftrag gab, her. In den frühen Jahren des 19. Jahrhunderts belieferte

Werner & Mieth die wichtigsten Adelsresidenzen in ganz Europa. 1822

wurde die Manufaktur in Werner & Neffen umbenannt. K. Klattenbach

fasst die Bedeutung von Werner & Mieth wie folgt zusammen: „Ihre bis

zum Ende des 18. Jahrhunderts in grosser Anzahl für die preussischen

Schlösser, das Ausland und viele Adelsfamilien produzierten Kronen sind

von hoher künstlerischer Bedeutung und stellen den letzten Höhepunkt in

der Entwicklung des Behangkronleuchters dar.

CHF 40 000 / 70 000

(€ 37 040 / 64 810)

Möbel & Kunstgewerbe |

Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber

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