

Louis XVI, J. KLINCKERFUSS (Johann
Klinckerfuss, 1770-1831), Stuttgart um 1800.
Mahagoni profiliert sowie mit 13 feinen Federzeichnungen belegt; Figu-
renstaffage in idealisierter Landschaft, diverse Kühe, Ziegen, Enten und
Vögel. Rechteckiges, wenig vorstehendes und in Messingstab gefasstes
Blatt auf bogenförmig ausgeschnittener Zarge mit sich nach unten ver-
jüngenden, abschraubbaren Vierkantbeinen. Front mit Zentralschublade,
flankiert von je 1 Schublade. Zurückgesetzter, architektonisch gegliederter
Aufsatz mit Zentraltüre zwischen kannelierten Eckpanneelen und unter
„faux tiroir“ mit abnehmbarem Deckel, flankiert von je 1 Türe mit je 1
Innenschublade. Feine, vergoldete Bronze- und Messingbeschläge und
-sabots. Verso mit alter Inventarnr. mit schwarzer Farbe, welche zum
Zeitpunkt der Fliessspuren der Beschriftung kopfüber angebracht wurde.
Restaurationen am Furnier des Blattes und den Innentüren sowie Verände-
rungen im oberen Bereich des Mittelteils des Aufsatzes. 162x80x140 cm.
Provenienz:
- Ehemals Neues Schloss, Stuttgart, quellenmässig belegt zwischen 1812
und 1864/66.
- Ehemals B.B. Steinitz, Paris.
- Hochbedeutende Privatsammlung, Genf.
Mit ausführlichem Gutachten von Frau Dr. C. Cornet, München 2017.
Darin schreibt sie:
„Das Möbel gehört zu den frühen Arbeiten, die sich noch eng an die
gestalterischen und handwerklichen Gepflogenheiten, die in der Roent-
genmanufaktur üblich waren, anschließen. Dies zeigt sich in der Form
der konisch zulaufenden Beine, deren Fortsetzung im Zargenbereich mit
den roentgentypischen drei messingausgelegten Kannelüren mit rundem
Beschlag darüber verziert sind. Das Motiv der drei Kannelüren findet sich
zu beiden Seiten im Aufsatzmittelteil.
Auch die sehr gediegene Verarbeitung zeigt Klinckerfuß‘ Schulung in der
Roentgenmanufaktur. Sofern die Konstruktion nicht überfurniert ist, sind
ungewöhnlich perfekte Holzverbindungen zu sehen, wie z.B. die durchge-
stemmten Zapfen an der rückseitigen Zarge, die nicht nur ein sehr exaktes
Rechteck bilden, sondern noch zusätzlich verkeilt sind. Rückwände und
Schubladenböden liegen in Nuten.
Wie auch die Werke der Roentgenmanufaktur, zieren mit Messing um-
mantelte Rundstabprofile auch das Möbel von Johannes Klinckerfuß.
Die Möbel der Roentgenmanufaktur sind oftmals mit komplizierten
Mechanismen ausgestattet; allerdings hatte die Manufaktur hierfür einen
eigenen Mechaniker, Christian Krause, zur Verfügung. Auch an diesem
Möbel gibt es einen – einfacheren – Verschlussmechanismus, mit welchem
das Schloss der Mittelschublade in der Zarge auch die beiden seitlichen
verschließen kann.
Während bei Roentgen die Flächen mit vergoldeten Beschlägen und wenn
durch Bildwerke, dann mit vergoldeten Bronze-Reliefplaketten verziert
wurden, sind die höfischen Möbel Johannes Klinckerfuß‘ oft zusätzlich
mit Bildwerken, meist auf Porzellan, und nur in diesem Fall auf Papier,
dekoriert. Die Malereien stammen von der Hand der Königin Charlotte
Auguste Mathilde von Württemberg. Die Motive der 13 Zeichnungen auf
diesem Möbel gleichen denen, die Königin Charlotte üblicherweise auf
Porzellan malte. Im Unterschied zu den Porzellanplaketten tragen diese
Zeichnungen keine Signatur.
Dass dieses Möbel aus königlich-württembergischen Besitz stammt, zeigt
ein Eintrag im Inventar des Stuttgarter Schlosses aus dem Jahr 1812, der
„1 Schreibtisch mit Aufsatz von Mahagoniholz mit 13 Handzeichnungen“
vermerkt. Der Schreibtisch ist in den Inventaren von 1812 bis 1864/66
nachweisbar, danach wurde es veräußert.. Ein weiterer Hinweis auf die
Herkunft des Möbels ist der runde Beschlag mit einer Maske im Sternen-
kranz, dessen Pendant auch ein Kanapee im Neuen Schloss von Stuttgart
ziert. Das Kanapee gehört zum Bestand des Kronguts.
Vergleichsobjekte
Von J. Klinckerfuß sind viele Arbeiten, darunter etliche Schreibmöbel,
erhalten. Vom Typus her gleicht dieser Schreibtisch einem zweiten Möbel,
das nachweislich ebenfalls für den württembergischen Hof gefertigt
wurde. Es dürfte in Etwa um die gleiche Zeit entstanden sein wie dieser
Schreibtisch Allerdings ist es nicht mit Bildwerken verziert. Im Württem-
bergischen Landesmuseum in Stuttgart befindet sich ein zweites Möbel,
welches diesem Typ entspricht, aber später gefertigt wurde. Ein weiteres,
gleichfalls etwas später entstandenes Stück hat bereits die runden Säulen-
beine im französischen Stil und bei diesem Möbel sind von der Hand der
Königin Charlotte bemalte Porzellanplaketten integriert. Mit diesem Stück
hat der Schreibtisch auch die Art der Inneneinrichtung des Aufsatzmittel-
teils gemeinsam, welcher ein Nuten einschiebbare Fachböden enthält.
Bei diesem Schreibtisch handelt es sich um ein hochbedeutendes Möbel
aus königlich-württembergischem Besitz aus der Hand des ehemaligen
Roentgenmitarbeiters und Hofkünstlers Klinckerfuß. Im Werk dieses
Möbel & Kunstgewerbe |
Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 132