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Page Background 1210* 1 PAAR TAPISSERIEN,

Louis XVI, Manufacture de Beauvais, um

1770/80.

In ovalen Medaillons Darstellung von Edelleuten in amourösen Szenen

und „Jeux de berger“, umgeben von Blumen, Kartuschen und Zierfries. In

profiliertem und vergoldetem Rahmen. H 215 cm. B 178 cm.

Provenienz: Privatsammlung, Monaco.

Das hier angebotene Paar offenbart sehr schön den Einfluss der bilden-

den Künste auf die Herstellung bedeutender Tapisserien. Die Vorlagen

wurden von wichtigen Malern und Entwerfern der Epoche gefertigt. Die

Vorlage unserer Tapisserien, die auch von den Manufakturen „d‘Aubus-

son“ und „des Gobelins“ hergestellt wurden, basiert auf den bekannten

Don- Quichotte Gobelin- Medaillon- Tapisserien nach dem Entwurf von

Charles- Antonine Coypel (gest. 1752). Diese neue Art Wandteppich mit

Umrandungen von Jean- Baptiste Belin de Fontenay/ Vater (gest. 1715)

wurde als eine Wanddekoration mit Darstellung hängender Bilder gefertigt

und rasch von der Manufaktur Aubusson und Felltin übernommen. Der

grosse Vorteil lag darin, dass der Auftraggeber Grundfarben, Muster, flora-

le Zusammenstellung, Umrandung und Motive der Medaillons auswählen

konnte.

In erbitterter Konkurrenz mit der Manufacture des Gobelins gelang es

der Manufacture de Beauvais 1740-1790, hervorragende Tapisserien von

höchster Qualität zu fertigen. Unter der Leitung von J.B. Oudry und N.

Besnier erhielt die Manufaktur wichtige Aufträge zur Herstellung von Se-

rien: „Histoire de Don Quichotte“, „Métamorphoses“, „Fêtes de village“,

„Histoire de Psyché“ und „Amours des Dieux“. Dank der Zusammenarbeit

mit dem „Peintre du Roi“ F. Boucher konnte die Manufaktur immense Er-

folge erzielen. F. Boucher hatte interessanterweise bereits bei einer Folge

der „Amours des Dieux“ der Manufacture des Gobelins mitgearbeitet, für

die verschiedene Maler wie C. von Loo oder P. Vien die zeichnerischen

Vorlagen geliefert hatten. Wenn man die beiden Ausführungen vergleicht,

fällt vor allem F. Bouchers „souplesse“ der Darstellung auf, die perfekt den

Nerv der damaligen Zeit trifft - im Gegensatz zur stark dramatisierten,

statischen Umsetzung von P. Vien.

CHF 12 000 / 20 000

(€ 11 110 / 18 520)

1211 OVALES GUERIDON,

Louis XVI, sign. R. LACROIX (Roger Lacroix,

gen. Van der Cruse, Meister 1755), Paris um 1780.

Mahagoni „moucheté“, teils fein kanneliert. In profiliertem Messingstab

gefasste „Brèche d‘Alep“ Platte auf entsprechendem Korpus mit vorste-

henden Eckstollen und gerader Zarge mit kannelierten, durch Zwischen-

tablar verbundenen Säulenbeinen. Front mit 3 Schubladen, die oberste

mit lederbezogenem, aufklappbarem Blatt und Kompartimenten für das

Schreibzeug. Vergoldete Bronzebeschläge und -sabots. Ergänzungen.

52x42x75 cm.

R. Vandercruse gehört zu den wesentlichsten Ebenisten der Transisti-

on-Epoche und trug entscheidend zur Entwicklung der Möbel hin zum

Neoklassizismus bei. Seine Familie stammte ursprünglich aus Holland, er

selbst wurde im Faubourg-Saint-Antoine in Paris geboren. Vater François

war hier bereits als Künstler etabliert, was seinem Sohn die Möglich-

keit gab, viele Freundschaften zu schliessen und wichtige Beziehungen

zu anderen Kunsthandwerkern zu knüpfen, unter anderem zu Pierre II

Migeon und Martin Carlin. Vandercruses Schwester Marguerite heiratete

den berühmten Ebenisten Jean-François Oeben, und später, nachdem

dieser gestorben war, Jean-Henri Riesener. Durch seine eigene Heirat

mit Marie-Jeanne Progin wurde R. Vandercruse Schwager zweier anderer

Ebenisten, Pierre Pioniez und Jean Marchand. Vandercruse benutzte zwei

verschiedene Signaturen, „R. Lacroix“, als Übersetzung seines Namens ins

französische „De la Croix“, und die Initialen RVLC, „Roger Vandercruse

de la Croix“ - mit diesem Doppelnamen unterschrieb er manchmal auch

Briefe und Dokumente. Ein paar seiner Arbeiten tragen beide Signa-

turen.1755, möglicherweise nach dem Tod seines Vaters, übernahm R.

Vandercruse das Atelier in der Rue du Faubourg-Saint-Antoine und

erlangte rasch eine hohe „notoriété“. Ab 1769 war er verantwortlich für

alle Bestellungen des Hofes und lieferte mehrere Möbel an die königliche

Entourage und Residenzen, wie zum Beispiel Kommoden für Madame

Victoire und die Comtesse de Provence. Als die Revolution begann, zog

sich R. Vandercruse aus dem Geschäft zurück. Er starb 1799.

Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 749-

766 (biogr. Angaben). J. Nicolay, L‘art et la manière des maîtres ébénistes

français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 234-236 (biogr. Angaben).

CHF 1 500 / 2 500

(€ 1 390 / 2 310)

Möbel & Kunstgewerbe |

Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber

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