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CLAESZ., PIETER(Berchem/Antwerpen 1597 - 1661 Haarlem)
Raucherstillleben mit grosser Zinnkanne, liegen-
der Steinzeugkanne, Bierglas und Hering. 1627.
Öl auf Holz.
Unten links monogrammiert und datiert: PC A
1627.
50,2 x 74,6 cm.
Provenienz:
- Galerie E. Slatter, London, 1943.
- Sammlung Otto Wertheimer, Paris, 1952.
- Galerie Mitchell, London, 1957.
- Privatsammlung, London.
- Galerie Weil, 1960.
- Schweizer Privatsammlung.
- Kunsthandel Böhler, München, 1966.
- Kunsthandel Scheidwimmer, München, 1973.
- Privatsammlung, Paris, 1990.
- Auktion Christie‘s, London, 23.4.1993, Los
182.
- Galerie J. M. B. Guttmann, Los Angeles,
1994.
- Europäische Privatsammlung.
Ausstellungen:
- Flower and Still-Life Paintings by Dutch and
Flemish Masters of the Seventeenth and Eigh-
teenth Century, Galerie E. Slatter, London,
1943.
- La nature morte et son inspiration, Galerie A.
Weil, Paris, April/Mai 1960, Nr. 12.
- Le décor de la vie privée en Hollande au
XVIIe siècle, Institut Néerlandais, Paris, 1.2.-
7.3.1965, Nr. 13.
- Kunsthandel Böhler, München, Juni 1966, Nr.
4.
Literatur:
- Ausst. Kat. Le décor de la vie privée en
Hollande au XVIIe siècle, Institut Néerlandais,
Paris 1965, S. 25, Kat. Nr. 13, Taf. 4.
- Brunner-Bulst, Martina: Pieter Claesz. Der
Hauptmeister des Haarlemer Stillebens im
17. Jahrhundert. Kritischer Oeuvrekatalog,
Lingen 2004, Nr. 29, S. 220, mit Abb. und als
Frontispiz.
Haarlem zählte zu Beginn des 17. Jahrhunderts
zum bedeutendsten Kunstzentrum Hollands.
Viele Künstler, die aus Glaubensgründen und
der ökonomischen Misslage in Flandern ihre
Heimat verliessen, siedelten sich im Norden
an und profitierten von dem wirtschaftlichen
Aufschwung und dem steigenden Wohlstand
besonders in Haarlem. Neben dem Tuchgewer-
be florierte dort vor allem das Brauereiwesen
und Bier wurde zum üblichen Getränk aufgrund
der häufigen Verseuchung des Trinkwassers.
Diese wirtschaftliche Voraussetzung führte zu
einer wohlhabenden Bürgerschaft in Haarlem,
die letztendlich den Künsten ein prosperierendes
Umfeld schufen.
In dieses Milieu liess sich 1620-22 auch der 1597
in Berchem bei Antwerpen geborene Pieter
Claesz. nieder. Seine künstlerische Ausbildung
hatte er wohl im Umkreis der Antwerpener
Stilllebenmaler Osias Beert (um 1580-1623)
und Clara Peeters (tätig 1607-1621 oder später)
genossen, wie sich stilistisch in seinem Frühwerk
erkennen lässt. In Haarlem macht sich der
Einfluss der älteren Generation an Stilllebenma-
lern, wie Floris van Dijck (1575-1651), Nicolaes
Gillis (um 1575/80-nach 1632) und Floris van
Schooten (um 1580-1656), in seinem Oeuvre
bemerkbar.
Bankettstillleben (banketjes), eine Spezialität
der niederländischen Malerei des Goldenen
Zeitalters, die besonders in Haarlem produziert
wurden und üblicherweise eine Mahlzeit und ein
Arrangement an Tafelgeschirr zeigen, erfreuten
sich im 17. Jahrhundert einer grossen Nach-
frage. Das hier angebotene grosse Stillleben
von musealem Rang, welches lange Zeit nicht
mehr der Öffentlichkeit zur Verfügung stand,
kann dieser Gattung zugewiesen werden und
wird noch zusätzlich durch Raucherutensilien
(toebackje) variiert, die neben einer grossen
Zinnkanne auf einem Teller, einem Noppenglas
mit Bier, einem zerschnittenen Hering, Brot
und einem Messer auf einem Tisch angerichtet
sind. Besonders bemerkenswert ist dabei die
monochrome Tonalität der Komposition, die
vorwiegend in Braun- und Grautönen gehalten
ist und durch dramatische Lichtführung beson-
ders artikuliert wird. Diese reduzierte Farbigkeit
ist dabei ein besonderes Charakteristikum der
Haarlemer Stilllebenmalerei um Pieter Claesz.
Die Darstellung von Raucherutensilien lässt
sich ferner als Bilderfindung auf Pieter Claesz.
zurückführen, der diese Motive erstmals 1622 in
seinem Oeuvre aufgreift (Brunner-Bulst, ebd.,
Nr. 4, S. 207-208).
Das kombinierte Raucherstillleben mit Mahlzei-
tenutensilien eines banketjes, wie bei unserem
Stillleben, greift Pieter Claesz. im Jahre 1627
zwei weitere Male allerdings in kleinerem
Format auf; das eine befindet sich heute in San
Diego, Kalifornien, in der Timken Art Gallery
(36, 2 x 57,5 cm, Öl auf Holz, ebd. Nr. 28), das
andere zusätzlich mit Zwiebeln ergänzt ist heute
in einer Privatsammlung (ebd., Nr. 30, 37,5 x
47,5 cm, Öl auf Holz).
Dr. Martina Brunner-Bulst, die das vorliegende
Stillleben im Original studiert hat, wählte es als
Frontispiz im Oeuvrekatalog zu Pieter Claesz.
und bringt damit die bedeutende Rolle dieses
Gemäldes im Gesamtwerk des Künstlers zum
Ausdruck.
CHF 500 000 / 700 000
(€ 463 000 / 648 100)
Gemälde Alter Meister
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