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17 Auktion vom 27. März 2020 Von Corot bis Liebermann Die Vertreter der Schule von Barbizon, zu denen der Franzose Jean-Baptiste Camille Corot zählt, befrei- ten die akademische Landschaftsmalerei des frühen 19. Jahrhunderts von formalen Zwängen. Sie malten ihre Werke im Freien, en plein air, nah am realen Mo- tiv und geprägt von den eigenen Sinneseindrücken in der Natur. Mit kleinformatigen ‹Paysages intimes› (Abb. 4) setzten Corot und andere das Beiläufige in Szene, zeigten Ausschnitte und betonten die atmos­ phärische Qualität ihrer Werke. Damit bereiteten sie den Weg für den späteren Impressionismus. Max Liebermanns Studien und Gemälde aus dem Wannseegarten haben einen festen Platz in der Ge- schichtederdeutschenMalereidesfrühen20.Jahrhun- derts. Der damals in Berlin bestens etablierte Künstler erwarb 1909 ein ausgedehntes Grundstück amWann- see und liess dort ein vornehmes Landhaus errichten. Das Haus und sein Garten wurden fortan immer wie- der zu Motiven für Liebermanns Leinwände (Abb. 2). Das über die Jahreszeiten wechselnde Licht- und Far- benspiel des grünen Paradieses waren willkommener Kontrast zum Grossstadtleben um sein Stadthaus am Pariser Platz, direkt neben dem Brandenburger Tor. Ein schönes Zeugnis für Liebermanns Zuneigung zu seiner Vaterstadt Berlin ist das Sujet der Schlittschuhläufer im Tiergarten (Abb. 3). An dem Treiben auf dem Natureis im extrem kalten Winter 1921 entzündet sich Lieber- manns deutscher Impressionismus exemplarisch: Mit dem für ihn typischen unruhigen Duktus fängt er die bewegten Figuren wie lebendig ein. Lovis Corinth war nicht nur Zeitgenosse Liebermanns, sondern auch sein Weggefährte. Nicht erst in den Ber- liner Jahren ab 1901, sondern schon zuvor während der Secessions-Ausstellungen standen sich beide sehr nahe, was sich in mehreren Bildnissen niederschlug. In diese Schaffensphase fällt auch Corinths Genreport- rät «Maske mit weissem Kleid» (Abb. 1), in dem er mit lockerem Pinselstrich die gelöste Stimmung auf einem Maskenball festhält. Bei der Abgebildeten handelt es sich umCharlotte Berend, die der Künstler damals ken- nenlernte und 1904 heiratete. DasMotiv der schwarzen Maske taucht mehrfach in Corinths Œuvre auf, sicher mitbestimmt von der Nähe des Künstlers zum Thea- ter. Der legendäre Regisseur und Theater-Impresario Max Reinhardt zählte zu seinemBerliner Freundeskreis, Corinth schuf Bühnenbilder und Kostüme für dessen Inszenierungen. 1 Lovis Corinth. Maske im weissen Kleid. 1902. Öl auf Leinwand. 78,5 × 63,5 cm. Schätzung: CHF 100 000/150 000 2 Max Liebermann. Blumenterrasse imWannsee­ garten nach Norden. 1918. Öl auf Karton. 50 × 75 cm. Schätzung: CHF 250 000/350 000 3 Max Liebermann. Schlittschuhläufer im Tiergarten. 1921. Öl auf Leinwand. 49 × 53 cm. Schätzung: CHF 150 000/200 000 4 Jean-Baptiste Camille Corot. Passiance. 1872. Öl auf Leinwand. 51 × 61,5 cm. Schätzung: CHF 40 000/60 000 FÜR WEITERE INFORMATIONEN GEMÄLDE DES 19. JAHRHUNDERTS Karoline Weser weser@kollerauktionen.ch IMPRESSIONISMUS & KLASSISCHE MODERNE Fabio Sidler sidler@kollerauktionen.ch ONLINE-KATALOGE www.kollerauktionen.ch 2 3 4

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