

Impressionismus & Klassische Moderne
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CHAIM SOUTINE(Smilavichy 1893 - 1943 Paris)
Paysage du Midi. Um 1919.
Öl auf Leinwand.
Unten links signiert: Soutine.
64,5 x 44,5 cm.
Provenienz:
- Henri Bing, Paris.
- Paquereau, Paris.
- François Reichenbach, Paris.
- Paulette Jourdain, Paris.
- Galerie André Urban, Paris (von 1959/-).
- Paul Pétridès, Paris (-/November 1972).
- Art Collection Trust, Basel (November
1972/1985).
- Reuben and Edith Hecht Museum,
University of Haifa, Israel (1985 / Mai 31,
1990).
- Privatsammlung Schweiz.
Ausstellungen:
- Paris, Galerie Charpentier, 1959, Nr. 46
(verso mit Etikett).
- Münster, Westfälisches Landesmuseum
und Tübingen, London, Luzern, 1981 -
1982, Nr. 40 (mit Farbabb.).
- New York, Gallery Bellman, 1983 - 1984,
Nr. 10 (mit Farbabb.).
Literatur:
- Tuchman, Maurice / Dunow, Esti u. a.:
Chaim Soutine (1893 - 1943): Catalogue
Raisonné, Bd. I., Köln 2001, Nr. 30, S. 140
(mit Farbabb. S. 142).
- Courthion, Pierre: Soutine. Peintre du
déchirant, Lausanne, 1972, Nr. I, S. 224
(abweichendes Datum und abweichende
Masse)
Man erkennt nur ansatzweise Bäume,
einen Weg und Häuser imHintergrund.
Die Landschaft als Ganzes scheint sich
zu biegen. Dem Betrachter entsteht so
ein beklemmendes, schwindelerregendes
Gefühl. Das ist typsich für die Werke der so
genannten Céret-Phase Chaim Soutines.
Soutine besucht den Süden das erste Mal
im Frühling und Sommer 1918 zusammen
mit Modigliani, Foujita und demHänd-
ler Léopold Zborowski. Die Reise fällt
zusammen mit der Bombardierung von
Paris und es ist das erste Mal, dass Soutine
die Hauptstadt verlässt, nachdem er fünf
Jahre zuvor als litauischer Einwanderer
dort angekommen ist.
Von 1919 bis 1922 lebt er hauptsächlich
in Céret, einem kleinen Städtchen in den
französischen Pyrenäen, wo Picasso und
Braque anfang der Dekade zusammen
malen. Die pittoresken, kleinen Dörfchen
im Süden Frankreichs mit ihren alten
Häusern und verwirbelten Olivenbäumen
inspirieren bereits viele Künstler, so z.
B. auch Renoir, der dort von 1908 bis zu
seinemTod elf Jahre lang lebt.
Soutine zeigt in seinen Landschaften aus
dieser Zeit oft Figuren, wie auch hier. Zum
einen bestimmen sie den Bildmassstab,
zum andern schafft er so metaphorische
Darstellungen der Beziehung zwischen
Mensch und Natur. Er will so den Betrach-
ter in diese Landschaft holen, so dass man
förmlich durch sie hindurchgehen und in
ihr atmen kann. Über dem schwebt ganz
bewusst immer auch ein bedrohlicher
Charakter – analog zu Soutines eigenem
Empfinden der Verletzbarkeit als Jude im
besetzten Frankreich.
Das vorliegende Gemälde ist ein typisches
Beispiel für Soutines wilde, fast schon
abstrakte Darstellung der Landschaften.
Mit schwingendem, gestikulierendem Im-
pasto gemalt, wird eine kompakte, beinahe
klaustrophobische Szene eingefangen.
Maurice Tuchman schreibt: „1919-1922
schuf Soutine eine Gruppe von Werken,
die in der Modernen einzigartig sind, Bilder,
die ein rauschhaftes, überschwängli-
ches Gefühl ausstrahlen und mit Recht
ekstatisch bezeichnet werden können“
(Tuchman, Dunow et al.: Soutine, Köln
2001, S. 46).
CHF 300 000 / 400 000
(€ 277 800 / 370 400)