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Schweizer Kunst
3083 AMIET, CUNO(Solothurn 1868 - 1961 Oschwand)
Sicht auf das Stockhorn. 1931.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts mit Flamme monogrammiert
und datiert: CA 31.
98 x 91 cm.
Provenienz:
VomVater des heutigen Besitzers bei
Cuno Amiet erworben.
Nach mündlicher Überlieferung wollte
Cuno Amiet dieses Gemälde demVater
des heutigen Besitzers anfangs nicht
verkaufen, da es sich um das erste Werk
handelte, welches nach dem Brand des
Glaspalastes entstanden sei.
In der Nacht auf den 6. Juni 1931 brennt
der Münchner Glaspalast vollständig
nieder. Zahlreiche Kunstwerke der Samm-
lung sowie alle Werke von Cuno Amiet,
welche anlässlich der ihm gewidmeten
Retrospektive gezeigt werden, fallen den
Flammen zumOpfer. Insgesamt sind es 51
seiner Gemälde, entstanden in den Jahren
zwischen 1891 und 1931. Nach diesem
tragischen Ereignis sitzt der Schock tief
und gleichzeitig wird dem Künstler von
höchster Stelle Anteilnahme bekundet.
So drückt der Gesamtbundesrat sein
schmerzliches Bedauern zum katast-
rophalen Ereignis aus (siehe Ausst. Kat.
Kunstmuseum Bern (Hg.): Cuno Amiet
- Von Pont-Aven zur Brücke, Bern 1999,
S. 330).
Bekanntlich zeichnet Cuno Amiet seine
Gemälde, welche im Jahr 1931 nach
dem Brand von ihm gemalt werden, mit
einer kleinen Flamme neben seinem
Monogramm, sozusagen in Gedenken
an die zerstörten Werke. Es entstehen
in diesem Jahr einige sehr eindrückliche
Gemälde mit spürbarerer Schaffenskraft.
Der Künstler kann sich in diesem Sommer
im Landhaus „Monbijou“ amThunersee,
welches seinem Freund Fritz Pochon-
Jent gehört, ausruhen und neue Kräfte
sammeln.
Einige phantastische Ansichten des
Thunersees mit jeweiligem Bergpanorama
entstehen in dieser Zeit. Beispielsweise
das Gemälde „Blauer See“ (55 x 60 cm)
(siehe Onlinedatenbank SIKART, Lexikon
zur Kunst in der Schweiz, Cuno Amiet,
Nr. 1931.24.) oder „Gelber Niesen“ (90,6
x 97,7 cm) heute im Kunstmuseum Bern
(Inv. Nr. G 1154). Amiet experimentiert so-
wohl mit Farben als auch mit Stimmungen,
die in jenen Werken explizit zur Geltung
kommen.
Cuno Amiet erzählt später demVater des
heutigen Besitzers des hier angebotenen
Gemäldes, dass seine Frau ihn allmorgent-
lich zu den Ufern des Thunersees begleitet
habe aus Angst er könne sich nach dem
tragischen Glaspalastbrant selber etwas
antun. Als erstes Gemälde nach dem
schweren Verlust vieler seiner besten
Bilder habe er dann dieses Gemälde
geschaffen.
So zeigt das hier angebotene Gemälde mit
Sicht auf das Stockhorn eine eindrucks-
volle Morgenstimmung mit dem auf den
Berggipfeln flimmernden Sonnenaufgang.
Morgendlicher Dunst schwebt über dem
Wasser, verbindet sanft die nur ange-
deutete Uferpartie mit dem gewaltigen
Bergmassiv und überwindet so die land-
schaftliche Tiefenwirkung und Perspektive
zugunsten eines hochmodernen Kunst-
werkes.
CHF 350 000 / 450 000
(€ 324 070 / 416 670)