Previous Page  20 / 29 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 20 / 29 Next Page
Page Background

| 140

533

Peutinger, Konrad. Ex Charta Magna Reveren-

dissimi Domini Episcopi Gurcensis. Eigenhän-

dige Notizen Peutingers zur Charta magna des

Bischofs von Gurk. In schwarzer und brauner

Tinte. [Entstehung: zwischen 1503 und 1511].

Folio (31,2 x 22,3 cm.). Drei lose Blatt mit 5 1/2

beschriebenen Seiten.

Die dritte Einheit besteht aus 3 Einzelblättern

mit Konrad Peutingers Notizen „Ex Charta

Magna Reverendissimi Domini Episcopi Gur-

censis“. Nach einem langen Zitat aus Ptolemäus

zur Topographie des römischen Reiches folgen

in braunrot geschriebene topographische Na-

men, vom Hyperboreos oceanus bis Indus und

Ganges, zu denen jeweils antike Schriftsteller-

zitate notiert sind. Die Abfolge erinnert an die

berühmte Tabula Peutingeriana, die Peutinger

1507 aus dem Nachlass seines Humanisten-

freundes Conrad Celtis erhielt. Woher Celtis

die Karte hatte, ist bis heute nicht bekannt

und wurde heiss diskutiert. Nach Peutingers

Überschrift beziehen sich die Notizen auf eine

„Carta Magna Reverendissimi Domini Episcopi

Gurcensis“, womit Matthäus Lang von Wel-

lenburg (1468-1540) gemeint sein dürfte. Lang

stammte aus einer Augsburger Patrizierfamilie

und stand in Kontakt mit Celtis wie Peutinger,

sein 1504 veranstaltetes Festmahl bildet den

Rahmen für Peutingers 1506 erschienene Ser-

mones conviviales zur deutschen Geschichte. Er

wurde 1498 Kammersekretär Maximilians I. und

1501 Koadjutor, 1503 schliesslich Bischof von

Gurk, 1511 Kardinal und 1519 Erzbischof von

Salzburg. Im Briefwechsel Peutingers wird der

Begriff charta in der Regel für (Land-)Karten

benutzt (vgl. König, Briefwechsel Nr. 143, S.

239; Nr 144, S. 240; Nr. 282, S. 461). In seinem

Bibliotheksinventar bezeichnet Peutinger selbst

die Tabula Peutingeriana als charta longa, die

ihm Celtis testamentarisch hinterlassen habe:

„Itinerarium Antonini in Charta longa a Celte

nobis testamento legata“. Bezeichnen charta

magna und charta longa dieselbe in Form einer

Rolle erhaltene Handschrift von bekanntlich ge-

waltigen Dimensionen? Sollte die Bezeichnung

magna auf die Tabula Peutingeriana zu beziehen

sein, wäre dies eine sensationelle neue Spur:

dann käme die Tabula Peutingeriana zunächst

aus dem Besitz des Humanisten Matthäus Lang,

Bischof von Gurk und wenig später Erzbischof

von Strassburg (der in der Geschichte der Karto-

So bleibt es abschliessend, das Konvolut zu

charakterisieren. Peutinger-Autographen sind

auf dem Markt absolute Seltenheiten. Zuletzt

wurden nur historisch wenig bedeutende

Routinestücke angeboten. Die hier angebotenen

Schriftstücke berühren dagegen zentrale Punkte

im Schaffen Peutingers, seine historiographi-

schen Bemühungen um die antike Kaiserge-

schichte und die Geschichte der Herrscher bis

zu den Habsburgern, seine juristischen Exper-

tisen um die Stellung von König und Kaiser,

beides im engsten Zusammenhang mit und für

Maximilian persönlich bestimmt. Der Traktat

ist der Beitrag eines berühmten Juristen zu den

Diskussionen am Hofe, die schliesslich in der

Übernahme der Kaiserwürde durch Maximilian

1508 münden. Diese bisher unbekannten Ma-

terialien werfen ein neues Licht auf die frühen

Kontakte Peutingers zu Maximilian I. und die

Vorgeschichte der Kaiserwürde. Zudem birgt

das Konvolut sogar eine echte Sensation, eine

neue Spur zur Herkunft der Tabula Peutinge-

riana.

Wir danken Prof. Dr. Mark Mersiowsky für die

wissenschaftliche Bearbeitung des Konvolutes.

graphie bisher übrigens nie erwähnt wurde) über

Celtis an Peutinger und manche Überlegungen

zur Herkunft bedürften neuer Abklärung; so

wäre die Frage einer schwäbisch-bavarisch-ös-

terreichischen Provenienz neu zu stellen. Die

Abfolge der Notizen lässt sich wohl mit der

Tabula Peutingeriana vereinbaren.Auch im Falle

der Notizen, die flüchtiger sind als der Traktat,

lässt sich die Schreiberfrage klären. Zum

paläographischen Vergleich bietet sich etwa der

Kaufeintrag Konrad Peutingers (in SuStBAA,

2“ Alt. 95, Vorsatzblatt, Abb.: Einführung,

Abb. 4) oder seine eigenhändigen Korrekturen

im Kaiserbuch (SuStBA, 2“ Cod. 26, Kat. Nr.

19, Abb. 27) an, auch der bei König abgebildete

eigenhändige Brief Peutingers, wobei erstere

Schrift etwas kalligraphischer, letztere deutlich

kursiver ist. Dennoch besteht kein Zweifel an

der Identität der Hände. Auch schlagen die

oben schon gekennzeichneten Züge auch in

seiner flüchtigeren Schrift durch. So besteht

kein Zweifel daran, dass auch diese Blätter von

Peutinger selbst stammen.

CHF 60 000 / 80 000

(€ 55 560 / 74 070)

Autographen |

534