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PostWar & Contemporary

3438*

OTTO PIENE

(Laasphe 1928 - 2014 Berlin)

Das Schwarz ist heiss. 1967.

Gouache, Pigment und Feuer auf Karton,

auf Hartfaserplatte aufgelegt.

Unten rechts signiert und datiert: Piene

67, sowie unten links betitelt: „Das

Schwarz ist heiss“.

67,7 x 92,5 cm.

Provenienz: Europäische Privatsammlung.

„Was ist ein Bild? Das Bild ist ein Kraftfeld,

Arena der Begegnung von Energien des

Autors, geschmolzen, gegossen in die

Bewegungen der Farbe, empfangen aus

der Fülle des Universums, geleitet in die

Kapillaren der offenen Seele des Betrach-

ters.“

(Otto Piene 1959, zit.: Künstler Kritisches

Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe

13, S. 2).

Als Otto Piene, der Pionier der Licht- und

Feuerkunst, 1964 eine Gastprofessur an

der University of Pennsylvania, USA, über-

nimmt, ist seine Anerkennung und Wert-

schätzung in Deutschland als Mitbegrün-

der der Künstlergruppe ZERO bereits sehr

hoch. Die Gruppe, die er 1957 zusammen

mit Heinz Mack gründet, fordert nach

dem Krieg einen radikalen künstlerischen

Neuanfang. Statt mit Farbe und Pinsel

experimentieren die ZERO-Künstler mit

neuen Materialien und mit den elementa-

ren Kräften der Natur: Licht, Bewegung,

Wind, Feuer, Luft, Energie. Neue und

spektakuläre schöpferische Prozesse

entstehen: das Nageln (Uecker, Aubertin),

das Malen mit Rauch und Feuer (Piene,

Aubertin), das Schneiden und Durchboh-

ren von Leinwänden (Piene und Fontana),

das Feilen von Aluminium (Mack). Ein

neues Selbstverständnis hat sich in Bezug

auf die Wiedergabe der Natur und ihrer

Erscheinungen entwickelt. Die Natur wird

nicht mehr mimetisch abgebildet, vielmehr

wird sie selber zumAusdrucksmittel der

Künstler. Die Künstler befreien sich jedoch

noch einen Schritt weiter vom klassischen

Malprozess: der Schaffensprozess wird

zu einer „Erschaffungsperformance“, wie

es in der 3. Ausgabe der ZERO Zeitschrift

heisst. Der Akt der Gestaltung wird

ebenso zur Kunst, wie das Endprodukt des

Prozesses.

Otto Piene nähert sich zunächst über

seine Rauchzeichnungen dem Element

Feuer als Gestaltungmittel. Der Rauch

übernimmt die Aufgabe der Farbe. Anfang

der 1960er Jahre geht er dazu über, dem

Feuer selber die Gestaltung des Bildes zu

überlassen. Während des kurzen Brenn-

prozesses des Feuers geliert die brennba-

re Farbe auf dem Bildträger, es formt, färbt

und verwandelt. Nach dem Erlöschen der

Flamme wird abschliessend die selbst-

ständig entstandene Struktur fixiert, und

somit das organische Werden der Natur

mit dem kontrollierten künstlerischen

Eingriff verschiedener Gestaltungsmittel

konfrontiert und zu einer Synthese ge-

führt. Die „Handschrift“ des Künstlers wird

durch die Naturelemente ersetzt.

In dem kraftvollen Werk „Das Schwarz

ist heiss“ wird sowohl durch die Wahl des

Titels als auch durch die Farbkombination

von Rot und Schwarz auf den Schaffens-

prozess Bezug genommen. Diese explizite

Referenz an das Feuer und seine Begleit-

erscheinungen wie Wandlung, Zerstörung,

Russ und Hitze in dem hier angebotenen

Werk, vereint Pienes künstlerische Ziele

meisterhaft. Allein der Neigungswinkel und

der Abstand von Leinwand zur Feuerquel-

le, sowie der Moment der Beendigung des

Brennprozesses werden vom Künstler

aktiv bestimmt, wobei die ganze Kraft der

Feuergewalt im Bild zumTragen kommt.

CHF 25 000 / 40 000

(€ 23 150 / 37 040)