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PostWar & Contemporary
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OTTO PIENE(Laasphe 1928 - 2014 Berlin)
Das Schwarz ist heiss. 1967.
Gouache, Pigment und Feuer auf Karton,
auf Hartfaserplatte aufgelegt.
Unten rechts signiert und datiert: Piene
67, sowie unten links betitelt: „Das
Schwarz ist heiss“.
67,7 x 92,5 cm.
Provenienz: Europäische Privatsammlung.
„Was ist ein Bild? Das Bild ist ein Kraftfeld,
Arena der Begegnung von Energien des
Autors, geschmolzen, gegossen in die
Bewegungen der Farbe, empfangen aus
der Fülle des Universums, geleitet in die
Kapillaren der offenen Seele des Betrach-
ters.“
(Otto Piene 1959, zit.: Künstler Kritisches
Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe
13, S. 2).
Als Otto Piene, der Pionier der Licht- und
Feuerkunst, 1964 eine Gastprofessur an
der University of Pennsylvania, USA, über-
nimmt, ist seine Anerkennung und Wert-
schätzung in Deutschland als Mitbegrün-
der der Künstlergruppe ZERO bereits sehr
hoch. Die Gruppe, die er 1957 zusammen
mit Heinz Mack gründet, fordert nach
dem Krieg einen radikalen künstlerischen
Neuanfang. Statt mit Farbe und Pinsel
experimentieren die ZERO-Künstler mit
neuen Materialien und mit den elementa-
ren Kräften der Natur: Licht, Bewegung,
Wind, Feuer, Luft, Energie. Neue und
spektakuläre schöpferische Prozesse
entstehen: das Nageln (Uecker, Aubertin),
das Malen mit Rauch und Feuer (Piene,
Aubertin), das Schneiden und Durchboh-
ren von Leinwänden (Piene und Fontana),
das Feilen von Aluminium (Mack). Ein
neues Selbstverständnis hat sich in Bezug
auf die Wiedergabe der Natur und ihrer
Erscheinungen entwickelt. Die Natur wird
nicht mehr mimetisch abgebildet, vielmehr
wird sie selber zumAusdrucksmittel der
Künstler. Die Künstler befreien sich jedoch
noch einen Schritt weiter vom klassischen
Malprozess: der Schaffensprozess wird
zu einer „Erschaffungsperformance“, wie
es in der 3. Ausgabe der ZERO Zeitschrift
heisst. Der Akt der Gestaltung wird
ebenso zur Kunst, wie das Endprodukt des
Prozesses.
Otto Piene nähert sich zunächst über
seine Rauchzeichnungen dem Element
Feuer als Gestaltungmittel. Der Rauch
übernimmt die Aufgabe der Farbe. Anfang
der 1960er Jahre geht er dazu über, dem
Feuer selber die Gestaltung des Bildes zu
überlassen. Während des kurzen Brenn-
prozesses des Feuers geliert die brennba-
re Farbe auf dem Bildträger, es formt, färbt
und verwandelt. Nach dem Erlöschen der
Flamme wird abschliessend die selbst-
ständig entstandene Struktur fixiert, und
somit das organische Werden der Natur
mit dem kontrollierten künstlerischen
Eingriff verschiedener Gestaltungsmittel
konfrontiert und zu einer Synthese ge-
führt. Die „Handschrift“ des Künstlers wird
durch die Naturelemente ersetzt.
In dem kraftvollen Werk „Das Schwarz
ist heiss“ wird sowohl durch die Wahl des
Titels als auch durch die Farbkombination
von Rot und Schwarz auf den Schaffens-
prozess Bezug genommen. Diese explizite
Referenz an das Feuer und seine Begleit-
erscheinungen wie Wandlung, Zerstörung,
Russ und Hitze in dem hier angebotenen
Werk, vereint Pienes künstlerische Ziele
meisterhaft. Allein der Neigungswinkel und
der Abstand von Leinwand zur Feuerquel-
le, sowie der Moment der Beendigung des
Brennprozesses werden vom Künstler
aktiv bestimmt, wobei die ganze Kraft der
Feuergewalt im Bild zumTragen kommt.
CHF 25 000 / 40 000
(€ 23 150 / 37 040)