

(Brüssel 1583 - 1651 Frankfurt)
Blumen in einer Vase auf einer Marmorplinthe.
Öl auf Holz.
Unten rechts monogrammiert und schwer leser-
lich datiert: HVB 16(..).
35 x 26 cm.
Gutachten: Dr. Jaco Rutgers, 22.04.2016.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
Dieser Blumenstrauss in einer Tonvase mit
Relief ist eine bedeutende Bereicherung für das
kleine Oeuvre des Stilllebenmalers Hendrick
van der Borcht d. Ä., von dem bislang nur eine
weitere etwas grössere Blumenkomposition in
der Gemäldegalerie des Erkenbert-Museums in
Franckenthal bekannt ist.
Die Komposition unseres Blumenstrausses ist
symmetrisch um eine Mittelachse angeordnet
und spricht für die frühe Entstehungszeit zu Be-
ginn des 17. Jahrhunderts, als sich die Gattung
des Blumenstilllebens als eine eigenständige
Form in der Kunstgeschichte zu etablieren
beginnt. Die Blüten sind alle einzeln platziert,
ohne sich zu überlappen, so dass sie sich best-
möglich dem Betrachter präsentieren können.
Die Plastizität und Haptik der einzelnen Blüten-
blätter ist dabei bemerkenswert.
Hendrick van der Borcht d. Ä. wurde in Brüssel
1583 geboren, wo er allerdings nicht lange
verweilt sein mag, denn sein Vater war Teil
der calvinistischen Stadtregierung in Brüssel,
die durch die Übernahme der Spanier 1585
wohl vertrieben wurde. Im Anschluss dürfte
die Familie van der Borcht nach Deutschland
übergesiedelt sein, wo sie ab 1597 in Franckent-
hal verzeichnet sind (siehe zur Biographie des
Künstlers Zehl, G: Die Frankfurter Malerfamilie
van der Borcht, in: Hürkey , E.J. u.a.:, Kunst,
Kommerz, Glaubenskampf: Frankenthal um
1600, Ausst. Kat. Frankenthal (Erkenbert-Mu-
seum), Worms 1995, S. 138-143). 1598 wechselte
Hendrick nach Frankfurt, wo er Schüler von
Gillis van Valckenborch wurde. In Frankfurt und
dem nahegelegenen Frankenthal bildete sich
eine florierende Gemeinschaft an Künstlern, die
sich besonders auf die Stilllebengattung spezia-
lisierten, wie beispielsweise Peter Binoit (1590-
1632), Peter Soreau (1604-1672) und vor allem
Georg Flegel (1566-1638), der zum Zeitpunkt
von Hendrick van der Borchts künstlerischer
Ausbildung bereits in Frankfurt als Maler tätig
war. Flegel hatte bei Gillis van Valckenborchs
Onkel, Lucas van Valckenborch, gelernt und
später in Zusammenarbeit mit diesem und seiner
Werkstatt einige Gemälde angefertigt (siehe
auch Los 3056). Besonders Flegels malerische
Umsetzung dürfte sehr prägend für die künstleri-
sche Entwicklung von Hendrick van der Borcht
gewesen sein und auch die Blumenwahl Flegels
ist bei Van den Borcht wiederzufinden.
Mit der dekorierten Tonvase auf unserem Still-
leben und der Darstellung des Flussgottes Tibe-
rinus und den von der Wölfin gesäugten Zwil-
lingen Romulus und Remus, die der römischen
Mythologie entnommen und die Gründung
Roms am Ufer des Tibers thematisieren, dürften
besonders altertumsgelehrte Sammler angespro-
chen worden sein. Auch der Maler selbst hatte
ein grosses Interesse an der Antike, die er auch
immer wieder in seinen Werken thematisierte.
So auf dem signierten Tondo auf Kupfer in
der Ermitage in St. Petersburg, auf dem kleine
Statuen, Münzen, Kameen, und weitere Kunst-
kammerobjekte zu finden sind (siehe Nikulin,
N. / Asvarisch, B.: The Hermitage, Leningrad:
German and Austrian painting of the 15th to
19th century, Leningrad 1986, Kat. Nr. 50).
CHF 90 000 / 120 000
(€ 83 330 / 111 110)
Gemälde Alter Meister
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