

(Middelburg um 1593 - 1657 Delft)
Grosses Stillleben mit Früchten auf einem Delf-
ter Keramikteller, Muscheln, Insekten, Blumen
in einer Wanli-Vase und zwei Papageien. Um
1620.
Öl auf Holz.
Unten mittig signiert: .B.vander.ast..
77 x 107 cm.
Provenienz:
- Sammlung Reverend J. Willemsen, Middel-
burg, 1780.
- Sammlung Kalbfleisch, Flushing, NY.
- Sammlung S. Westerman, Amsterdam, 1935.
- Sammlung I. Heitmanek-Engeling, Zürich.
- Eugene Slatter, London.
- Alexander Leger Galleries, London, 1977.
- Gebr. Douwes, Amsterdam/London.
- Amerikanische Privatsammlung, seit 1979.
Literatur:
- Die Weltkunst, IX, Nr. 28/29 und X, Nr. 50.
- Nieuwe Rotterdamse Courant, 29.6.1935.
- De Zakenwereld, Amsterdam 1935, Nr. 14.
- Apollo Magazine, Mai 1955, Vol. 61, S. 132.
- Connoiseur, Mai 1955, Bd. 133, S. XVIII.
- Bol, L. J.: The Bosschaert Dynasty, Leigh-on-
Sea 1980, Nr. 117, S. 85-86.
- Briels, J.: Vlaamse schilders en de dageraad
van Hollands Gouden Eeuw, 1585-1630, Ant-
werpen 1997, Nr. 417, S. 260.
Ausstellungen:
- Bloemstukken, Kunsthandel P. de Boer,
Amsterdam 1935, Nr. 7.
- Dutch and Flemish Masters, Eugene Slatter,
London, April - Juli 1955, Nr. 13.
Dieses sowohl durch seine Qualität als auch
durch seine Grösse überragende Stillleben von
Balthasar van der Ast ist ein Meisterwerk der
holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Die
Vielzahl der bis ins kleinste Detail dargestellten
Objekte - Früchte, Blumen, Muscheln, Kera-
mik, Insekten und exotische Vögel - stellen die
Fähigkeiten des Künstlers auf eklatante Weise
zur Schau, sodass jeder einzelne Gegenstand
als eigenes Stillleben betrachtet werden kann.
Tatsächlich konnte der Künstler mit diesem
Werk die volle Bandbreite seines Talents in
Szene setzen, sodass seine Kunden sich für
einen Auftrag davon inspirieren lassen konnten.
Dass uns ein solches representatives und grosses
Meisterwerk in solch aussergewöhnlich gutem
Erhaltungszustand heute überliefert ist, macht
ihn zu einer besonderen Rarität.
Balthasar van der Ast gilt als einer der wichtigs-
ten Stilllebenmaler der holländischen Malerei
des 17. Jahrhunderts. Sein Beitrag zu dieser
Gattung besteht aus ungefähr 200 Gemälden
in kleinen und grossen Formaten, die durch
Raffinesse und Feinheit gekennzeichnet sind.
Das hier angebotene Gemälde ist ein charak-
teristisches Beispiel aus der Utrechter Zeit van
der Asts, wo sich der Maler ab 1619 aufhielt und
sich stilistisch von seinem Schwager und Lehrer,
Ambrosius Bosschaert d. Ä. (1573-1621), zu
distanzieren begann. In Utrecht muss der junge
van der Ast mit einem durchaus anregenden kul-
turellen Klima konfrontiert worden sein. Nicht
nur Roelant Savery (um 1576-1639) hatte sich
hier nach seiner Rückkehr aus Prag nieder-
gelassen, bald zogen auch die drei Söhne von
Ambrosius d. Ä. Ambrosius d. J. (1609-1645),
Johannes (1608-1629) und Abraham (1612-1643)
von Middelburg nach Utrecht, sodass die Stadt
ab 1620 als neues Zentrum der Stilllebenmalerei
bezeichnet werden kann.
Die Motivik des hier angebotenen Gemäldes ist
dabei von der zu dieser Zeit in Holland verbrei-
teten Faszination für Exotisches geprägt, welche
insbesondere durch die neu erschlossenen
Handelswegen der Niederländischen Ostindi-
en-Kompanie mit dem asiatischen Kontinent
angefacht wurde. Hierfür stehen unter anderem
die Muscheln - von links nach rechts eine wes-
tindische „cittarium pica“ mit Einsiedlerkrebs,
eine orange gefleckte „mitra mitra“, eine kleine
goldene „conus aurantius“ und ein Marmorkegel
„conus marmoreus“ -, welche zu van der Asts
Markenzeichen wurden und von holländischen
Sammlern sehr beliebt waren. Doch auch die
zwei Papageien, welche im 17. Jahrhundert als
Kuriositäten gesehen und nur von sehr wohlha-
benden Familien gehalten wurden, verleihen der
Komposition einen exotischen und luxuriö-
sen Charakter. Schliesslich gehört auch die
Wanli-Vase zur Rechten in unserem Gemälde
zu dieser Thematik. Vergleichbare Vasen sind
in ungefähr 15 kleinformatigen Blumenstillleben
van der Asts aus den 1620er Jahren dargestellt,
wobei sie nie auf einen bestimmten Prototypen
zurückgehen, da der Künstler das Dekor immer
variierte. Das Blumenarrangement in unserem
Gemälde ist vergleichbar mit der etwas später
entstandenen Komposition „Blumen in einer
Vase mit Muscheln und Insekten“, welche sich
heute in der National Gallery in London befin-
det (Inv. Nr. NG6593, Öl auf Holz, um 1630,
47 x 36,8 cm). Bei diesem Motiv liess sich van
der Ast offensichtlich von der grossen Anzahl
Blumensträusse in Wanli-Vasen von seinem Leh-
rer Ambrosius Bosschaert d. Ä. inspirieren, so
beispielsweise eine Komposition aus dem Jahre
1619, die sich heute im Rijksmuseum in Amster-
dam befindet (Inv.Nr. SK-A-1522, Öl auf Kupfer,
31 x 22, 5 cm). Doch während es bei Bosschaert
noch um die naturgetreue Wiedergabe der
Natur ging, war van der Ast vielmehr darum
bemüht, seinen Kompositionen ein Gefühl von
Eleganz und Intimität zu verleihen, das in dem
hier angebotenen Gemälde exemplarisch zum
Ausdruck kommt.
CHF 850 000 / 1 200 000
(€ 798 330 / 1 111 110)
Gemälde Alter Meister
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