

(Olmütz 1563 - 1638 Frankfurt am Main) (Löwen
1534 - 1612 Frankfurt am Main)
Grosses Stillleben mit Früchten, Gemüse und
Blumen sowie einem Paar in einem Interieur.
Um 1610-15.
Öl auf Leinwand.
114,5 x 173 cm.
Gutachten:
- Prof. Ingvar Bergström, 3.3.1990 (als Georg
Flegel für die Gegenstände und Marten
van Valckenboch für das Interieur und die
Figuren).
- Prof. Claus Grimm, 2007 (als Jeremias van
Winghen).
- Dr. Fred G. Meijer, 3.9.2007 (als Georg Flegel
und einem Mitglied der Valckenborch-Werk-
statt, nach 1610).
Provenienz:
- wohl Sammlung Carl Gustaf Tessin (1695-
1770), Schwedischer Gesandter in Berlin.
- Sammlung Gut Akerö, Schweden.
- Durch Erbfolge, Sammlung Frederick Sparre,
1803.
- Durch Erbfolge Sammlung Frederick Mont-
gomery.
- Auktion Schloss Montgomery, 1858.
- Sammlung C. Arfwedson.
- Durch Erbfolge, Sammlung Maria Th. Ceder-
ström, 1869.
- Durch Erbfolge, Privatsammlung.
- Auktion Sotheby’s, London, 6.12.1989, Los 21
(als Jeremias van Winghen).
- Europäische Privatsammlung.
Literatur:
- Bergström, Ingvar: Flower-Pieces of Radi-
al Composition in European 16th and 17th
Century Art, in: Album Amicorum J.G. van
Gelder, Den Haag 1973, S. 22 – 26, Abb. 1-11.
- Bergström, Ingvar: Georg Flegel als Meister
des Blumenstücks, in: Festschrift für Paul
Pieper, Westfalen, 55, 1977, S. 135 – 146.
- Segal, Sam: A prosperous Past. The Sump-
tuous Still Life in The Netherlands 1600 –
1700, Amsterdam 1988, S. 60-61 (als Jeremias
van Winghen).
- Bergström, Ingvar / Wheelock, Arthur jr.:
Ausst. Kat. Still Life of the Golden Age,
National Gallery, Washington 1989, Nr. 15,
mit Abb. (als Georg Flegel und Marten van
Valckenborch).
- Wettengl, Kurt / Seifertovà, Hana [et al.]:
Ausst. Kat. Georg Flegel – Stilleben, Frankfurt
am Main 1993, S. 58 - 61, Nr. 9 (als Georg
Flegel und Marten van Valckenborch).
- Wettengl, Kurt: Georg Flegel, Stilleben,
Frankfurt am Main 1993-1994, Kat. Nr. 9, S.
58 (mit Abb.).
- Wettengl, Kurt / Seifertovà, Hana [et al.]:
Ausst. Kat. Georg Flegel – Stilleben, Frankfurt
am Main 1999, S. 58-61, Nr. 9 (als Georg Fle-
gel und Marten van Valckenborch (?)).
Ausstellungen:
- Georg Flegel, 1566-1638: Stillleben, Histori-
sches Museum, Frankfurt am Main / National-
galerie, Prag, 1993-1994, Kat. Nr. 9 (mit Abb.)
- Van Jan Steen tot Jan Sluijters, De smaak
van Douwes, Leeuwarden, Fries Museum,
21.11.1998 - 21.2.1999, Abb. 7.
- Feasts and Festivities, Galerie Virginie Pitchal,
Paris, 2001.
- Over het genot van De Zintuigen in de schil-
derkunst, Tentoonstellingszaal Zwijgershoek,
Sint-Niklaas, September 2012 - Januar 2013,
Kat. S. 75-77 mit Abb. S. 76.
Dieses beindruckende, grosse Stillleben mit
Blumen, Früchten und Gemüse auf einem Tisch
sowie einem Mann und einer Frau vereint auf
einzigartige Weise drei beliebte Gattungen der
holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts: Das
Stillleben, das narrative Interieur mit einem Paar
und die Marktszene. Hinter der Gestik der jun-
gen Frau, die das Näherkommen des Mannes mit
Weinglas in der Hand und an dem er wohl schon
gekostet hat, abzuwenden versucht, verbirgt sich
eine moralisierende Symbolik: Mit ihrer linken
Hand zeigt sie auf makellose Trauben, welche für
Jungfräulichkeit und Keuschheit stehen, während
sie mit der Rechten auf einen Teller mit Maulbee-
ren zeigt, eine Frucht, welche das Jüngste Gericht
symbolisiert und an eine richtige Lebensführung
ermahnen soll (siehe De Jongh, Eddy: Grape
Symbolism in Paintings of the 16th and 17th
Centuries, in: Simiolus, VII, 1974, S. 166f).
An der Ausführung dieses meisterhaft insze-
nierten Gemäldes waren zwei Künstler beteiligt:
Georg Flegel für die Blumen in der Vase, die
Früchte und das Gemüse auf dem Tisch und ein
Mitglied der Valckenborch-Familienwerkstatt,
wohl Frederick oder Marten van Valckenborch,
für die Figuren und das Interieur.
Georg Flegel, der als der erste deutsche
Stilllebenmaler des 17. Jahrhunderts bezeichnet
werden kann, wurde in Olmütz in Mähren als
Sohn eines Schuhmachers geboren. Als Schüler
in der Werkstatt von Lucas van Valckenborch
(1535-1597) kam er in den 1580er Jahren nach
Linz und zog mit der Werkstatt um 1592-93
nach Frankfurt. Flegel war dabei auf die Darstel-
lung von Früchten, Tieren, Blumen und Gefässe
spezialisiert, während Valckenborch die Figuren
und den Hintergund ergänzte. Dabei überzeu-
gen Flegels Motive durch besondere Vielfalt
und Eigenständigkeit, die später auch in seinen
Stillleben zu voller Blüte gelangten. So machte
sich Georg Flegel zunehmend selbständig und
begann ab 1600 das neu aufkommende Genre
des Stilllebens in seinem Repertoire aufzugrei-
fen. Dabei arbeitete er mit weiteren Mitgliedern
der Familie, so beispielsweise mit Lucas‘ älterem
Bruder Marten (1535-1612) und dessen Sohn,
Frederick van Valckenborch (1566-1623).
Der zur Linken dargestellte Blumestrauss in
einer manieristischen Vase sowie die chine-
sischen Teller mit Erdbeeren und Kirschen
sind in beinahe indentischer Weise in Georg
Flegels etwas früher entstandenem Stillleben in
der Privatsammlung des H. John Heinz III. in
Washington zu finden. Für die Figuren und das
Interieur kommen, aufgrund der kunsthistorisch
anerkannten Datierung des Gemäldes nach
1600, bzw. um 1610-15, sowohl Marten als auch
dessen Sohn Frederick in Frage.
CHF 300 000 / 500 000
(€ 282 070 / 462 960)
Gemälde Alter Meister
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