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KLEINE KOMMODE „A FLEURS“,Transition, Nachfolger von
D. ROENTGEN (David Roentgen, Meister 1780), deutsch um 1765/75.
Nussbaum, Ahorn und diverse, teils getönte Edelhölzer gefriest sowie fein
mit Bouquet in Korb, Girlanden, Blättern, Blumen, Masche und Zierfries
eingelegt. Geschweifter, rechteckiger Korpus mit vorstehenden vorderen
Eckstollen auf wellig ausgeschnittener Zarge mit geschweiften Beinen. In
der Mitte gebauchte Front mit 2 Schubladen ohne Traverse. Vergoldete
Bronzebeschläge und -hänger. Profilierte, grau-beige gesprenkelte Mar-
morplatte. Auf der Unterseite alte Etikette „THIS IS ... THE PROPER-
TY OF MARCIA COUNTESS OF YARBOROUGH, BARONESS
FAUCONBERG & CONYERS, CATALOGUE NR. ....“. 72x79x77 cm.
Provenienz: Ehemals Sammlung der Baroness Fauconberg & Conyers,
England.
Mit ausführlichem Gutachten von Frau Dr. C. Cornet, München 2016.
Eine in der Formgebung und Marketerie identische Kommode, jedoch
mit Holzplatte, gehört zu den Sammlungen des Kasseler Landesmuseum
und ist abgebildet in: H. Huth, Roentgen Furniture, London/New York
1974 (Abb. 239). Eine grössere Kommode mit sehr ähnlichen Maschen
und Blumen wurde bei Sotheby‘s Zürich am 3.6.1997 (Katalognr. 158)
verkauft; sie wurde ebenfalls in „französischer Manier“ gestaltet, das heisst,
sie besitzt eine Marmorplatte wie die Pariser Möbel. Man kann also davon
ausgehen, dass die hier angebotene Kommode für den französischen Markt
gefertigt wurde.
Die erste möbelproduzierende Manufaktur auf deutschem Boden wurde
von ihrem Begründer Abraham Roentgen um 1742 in Herrnhaag als kleine
Werkstatt ins Leben gerufen. Erst nach dem Umzug nach Neuwied im
Jahr 1750 wurde sie sukzessive erweitert bis sie dann im späten 18. Jh. den
Umfang einer grossangelegten Produktionsstätte erreicht hatte. Die Zunft,
gegen deren Widerstand sich die Manufaktur durchsetzen musste, legte
die Grösse eines handwerklichen Betriebes fest: ein Meister, zwei Gesellen
und meist zwei Lehrlinge. Eine notwendige Bedingung für den Aufstieg
der Roentgenwerkstatt zur Manufaktur war daher das Privileg des Fürs-
tenhauses, das den Roentgen Zunftfreiheit gewährte. Durch die gestat-
tete, grössere Anzahl der Beschäftigten war es möglich, für die einzelnen
Arbeitstechniken und die zeichnerischen Vorarbeiten Spezialisten heran zu
bilden. Daher gab es für jedes Arbeitsgebiet entsprechende Fachleute, die
ein viel höheres Geschicklichkeitsniveau erreichten, als dies in zünftigen
Werkstätten üblich war, wo wenige Personen alle anfallenden Arbeitsgän-
ge nur mehr oder minder gut beherrschen konnten. Man färbte nebenein-
anderliegende Furnierpartien in bis zu vier unterschiedliche Nuancen eines
Farbtones ein, um so Licht- und Schattenzonen naturalistisch darzustel-
len. Diese von David Roentgen „à la mosaïque“ genannte Technik war
einzigartig und in ihrer malerischen Wirkung unübertroffen. In den späten
1770er Jahren eröffnete D. Roentgen eine Filiale in Paris, wo er 1780 die
Meisterwürde erlangte und sowohl die Königsfamilie - vor allem Dank der
Unterstützung von Marie-Antoinette - als auch die bedeutesten Adligen
der Metropole mit Luxusmöbeln belieferte. Dabei übernahm er die Pariser
Mode, die Möbel mit erlesenen Marmorplatten zu versehen. Die hier
angebotene Kommode zeigt diese Entwicklung eines seiner Nachfolger in
bereits früheren Jahren auf.
CHF 25 000 / 45 000
EUR 23 100 / 41 700
Möbel & Antiquitäten |
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