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KOMODE „A FLEURS“,sog. „marqueterie au jasmin“, Louis XIV/
Régence, aus einer Pariser Meisterwerkstatt, um 1720/30.
Ebenholz, Palisander, Ahorn, Amarant, Sykamore und Kirsche allseitig
ausserordentlich fein eingelegt mit Blumenbouquets, Sphingen, Fabelwe-
sen, Blättern, Voluten, Kartuschen und Zierfries. Prismierter Korpus mit
vorstehendem, in Bronzestab gefasstem Blatt und vorstehenden Eckstollen
auf wellig ausgeschnittener Zarge mit kurzen, geschweiften Beinen auf
Bocksfüssen. Front leicht „en arbalète“ mit 3 Schubladen, die oberste
zweigeteilt. Vergoldete, teils ersetzte Bronzebeschläge, -hänger und -sa-
bots. Furnierergänzungen, Blatt mit Riss. 117x64x82 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
Die Marketerie der hier angebotenen Kommode wird auch „peinture
en bois“ genannt; Einlegearbeiten dieser Art wurden oft nach Vorlagen
des französischen Malers Jean Baptiste Monnoyer (1636-1699) gefertigt
und waren von hervorragender Qualität. Eine in der Formgebung und
Marketerie sehr ähnliche Kommode gehörte zu einer Pariser Sammlung
und wurde in unserer Juni-Auktion 2003 (Katalognr. 1095) verkauft. Eine
weitere, ebenfalls nahezu identische Kommode ist abgebildet in: P. Ra-
mond, Chefs d‘Oeuvre des Marqueteurs, Paris 1994; S. 144f.; sie stammt
aus der Sammlung Gismondi. Eine weitere vergleichbare Kommode ist
abgebildet in: G. Janneau, Le mobilier français - le meuble d‘ébénisterie,
Brüssel o.J.; S. 21 (Abb. 20). Weitere, sehr ähnliche Kommoden befinden
sich im Victoria & Albert Museum in London, im Musée du Louvre und
im Musée des Arts Décoratifs in Paris. Bei all diesen Kommoden wird A.
Gaudron als möglicher Ebenist vermutet. Weitere, ähnliche Kommoden
mit nahezu identischer Marketerie wurden bei Sotheby‘s New York am
10.5.1995 (Katalognr. 126) und 20.10.2002 (Katalognr. 115) verkauft. Zwei
Kommoden mit praktisch identischer Marketerie, aber unterschiedlicher
Formgebung sind bekannt; beide werden dem Ebenisten A. Gaudron zu-
geschrieben. Über ihn weiss man sehr wenig, auch die Angaben über seine
Werkstatt sind spärlich. Man weiss lediglich, dass er in den letzten De-
zennien des 17. Jahrhunderts während der Regierungszeit von Louis XIV
in Paris tätig war, den „Garde-Meuble de la Couronne“, den Königshof,
Madame de Maintenon, den Duc d‘Anjou und de Chartres und den Prince
de Condé belieferte. Für sie fertigte er Schränke, Kabinette, Kommoden,
Bureaux und Tische, höchstwahrscheinlich arbeitete er dabei auch mit
seinen wichtigsten „confrères“ zusammen. Für seine Werke verwendete
er kostbare Edelhölzer und legte sie mit Leder, Elfenbein, Ebenholz und
Zinn ein. 1671 arbeitete er mit P. Gole und dem Maler Jean-Michel Picart
an einer Schätzung des Inventars von Henriette-Anne von England, der
Witwe von Charles I und Schwester von Louis XIII, was darauf hinweist,
dass er wohl einen bedeutenden Ruf genoss und exzellente Verbindungen
hatte. Bei der Schaffung der fantastischen Blumenarrangements für die
Marketerie dienten Gaudron höchstwahrscheinlich Stiche als Vorlagen;
seine Bekanntschaft mit Picart lässt jedoch vermuten, dass er sich auch
von dessen Gemälden inspirieren liess. Seit dem 17. Jahrhundert wurden
Edelhölzer, sog. „bois des îles“, aus den französischen Kolonien impor-
tiert. Die teuren Hölzer und ihre ausserordentlich aufwendige, schwierige
Verarbeitung führten dazu, dass sie nur von den bedeutendsten Ebenisten
verwendet wurden, wie z.B. von A.C. Boulle, P. Golle, A.J. Oppenordt
und A. Gaudron. Vom erstgenannten Ebenisten stammt ein für Château
de Versailles gefertigter Prunkschrank und ein Kabinett (heute in der
Wallace-Collection, London) die beide eine vergleichbare, teils identische
Einlegearbeit aufweisen wie die hier angebotene Kommode.
Lit.: G. Janneau, Le mobilier français - le meuble d‘ébénisterie, Lüttich
o.J.; S. 27-30 (Abb. 26 und 27, Schränke von A.C. Boulle mit analoger
Einlegearbeit). H.D. Malesworth/J. Kenworthy-Browne, Meisterwerk
der Möbelkunst aus 3 Jahrhunderten, München 1972; S. 56-58 (mit Abb.
vergleichbarer Möbel). P. Ramond, Chefs d‘oeuvres de Marqueteurs, Paris
1994; I, S. 133 (mit Abb. einer Kommode mit identischer Marketerie), S.
144f. (Abb. einer Kommode aus der Sammlung Gismondi).
CHF 28 000 / 48 000
EUR 25 900 / 44 400
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KLEINE KOMMODE,Régence, Bern um 1700/20.
Nussbaum und Wurzelmaser gefriest sowie eingelegt mit Reserven und
Filets. Trapezförmiger, geschweifter Korpus auf wellig ausgeschnittener
Zarge mit Stollenbeinen. Mehrfach geschweifte Front mit 3 Schubladen.
Bronzebeschläge und -hänger. Profilierte, grau-rot gesprenkelte Marmorplatte.
98x61x78 cm.
CHF 8 000 / 12 000
EUR 7 400 / 11 100
Möbel & Antiquitäten |
Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen
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