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PostWar & Contemporary
3408 GIUSEPPE SANTOMASO(1907 Venedig 1990)
Ohne Titel. 1962.
Öl und Pigmente auf Leinwand.
Unten links signiert und datiert: Santoma-
so 62, sowie verso: Santomaso 62.
30 x 105 cm.
Dieses Werk ist imArchivio Giuseppe San-
tomaso, Galleria Blu, Mailand, unter der
Nummer: sot /1605 registriert. Wir danken
der Galleria Blu für die wissenschaftliche
Unterstützung.
Provenienz: Durch Erbschaft an den heuti-
gen Besitzer, Privatbesitz Schweiz.
Während noch zu Beginn des 20. Jahrhun-
derts die avantgardistischen Kunströmun-
gen eindeutig Ländern zu zu ordnen sind
(Expressionismus – Deutschland; Kubismus
– Frankreich; Futurismus – Italien; usw.),
zeichnet sich die Strömung der Abstrakten
Kunst nach 1945 durch ihre Internatio-
nalität aus. Obwohl von Parismit Hans
Hartung, Georges Mathieu u.a. ausge-
hend, verbreitet sich die Abstrakte Kunst
unabhängig aller Ländergrenzen rasend
schnell. Neben der Tatsache, dass durch
Medien und zunehmenden Tourismus die
Welt ab den 1950er Jahren natürlich näher
zusammengerückt ist, wird vor allem „ das
abstrakte Vokabular […] von vielen Künst-
lern fast aller Nationen wie eine Heilsbot-
schaft aufgenommen.“ (zit.: Walther, Ingo
(Hrsg.): Kunst des 20. Jahrhundert. Teil 1.
Malerei, Köln 2000, S. 239). Auch Italien wird
von dieser Welle erfasst und beeinflusst die
Entwicklung der Abstraktion durch Künstler
wie Piero Dorazio, Afro, Renato Birolli, Emilio
Vedova und Giuseppe Santomaso, von
demwir zwei Werke anbieten können.
1907 in Venedig geboren, verbringt
Santomaso mit einigen Unterbrechungen
sein gesamtes Leben in seiner Heimat-
stadt. 1932 beginnt er sein Studium an
der Kunstakademie in Venedig und stellt
bereits 2 Jahre später an der Biennale,
an der er insgesamt 13 Mal teilnehmen
wird, aus. Er beginnt sich für die Avantgar-
de zu interessieren. Zunächst durch die
Kunstzeitschrift VERVE inspiriert, reist er
ab 1937 erst nach Holland und dann weiter
nach Paris, um die Werke der Impressi-
onisten und Expressionisten imOriginal
zu sehen. 1939 stellt er selbst erstmals
in Paris, in der Galerie Rive Gauche, aus.
Nach dem 2. Weltkrieg gehört er zu den
Gründungsmitgliedern der Künstlergruppe
„Nuova Secessione Artistica Italian“, wobei
sich Santomaso bemüht, eine Synthese
zwischen Abstraktion und Realismus zu
finden, was jedoch letztendlich scheitert.
Mitte der 1950er Jahre wendet er sich
dem Informel zu, wie wir auch in den zwei
vorliegenden Werken eindrücklich sehen.
In den 1970er Jahren nimmt er zuneh-
mend architektonische bzw. konstruktive
Elemente mit in seine Werke auf.
Bis zu seinemTod lehrt er an der Kunst-
akademie in Venedig. Neben seinen zahl-
reichen Teilnahmen an der Biennale, wird
er zudem dreimal zur documenta in Kassel
eingeladen und erhält zahlreiche Ausstel-
lungen in internationalen Museen.
Giuseppe Santomasos Werke der 1960er
und 70er Jahre sind abstrakte Land-
schaften, deren Farbpalette durch das
Licht Venedigs und deren Komposition
durch die Architektur seiner Heimatstadt
geprägt wird. Er sucht über die Auseinan-
dersetzung mit der Natur den Weg in die
Abstraktion, ohne dabei aber je den Bezug
zur Natur zu verlieren. Somit wirken seine
Werke oftmals weniger radikal, sondern
eher zurückhaltend, und doch ist dem
Betrachter immer klar, das Santosamo von
der Natur und dem Erlebten ausgeht, was
für uns den Zugang zu seinen Werken in-
tensiver und gleichzeitig einfacher macht.
CHF 30 000 / 50 000
(€ 27 780 / 46 300)