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KAMINPENDULE „A L‘ELEPHANT“,Louis XV, das Modell aus
einer Pariser Meisterwerkstatt, das Zifferblatt und Werk sign. GUDIN A
PARIS (Jacques Gudin, Meister 1726), Paris um 1740/50.
Bronze matt- und glanzvergoldet sowie patiniert. Stehender Elefant, auf
dem Rücken das trommelförmige Gehäuse mit Amoraufsatz tragend, auf
blätterbeschmücktem Volutensockel. Emailzifferblatt mit römischen Stun-
den- und arabischen Minutenzahlen. 2 fein durchbrochene und vergoldete
Zeiger. Feines Messingwerk des 18. Jh. mit Ankerhemmung und 1/2-Stun-
denschlag auf Glocke. Vergoldete Bronzebeschläge und -applikationen.
Das Zifferblatt restauriert. Der Bogen ersetzt. 35x22x45 cm.
Provenienz:
- Ehemals R. Redding, Zürich.
- Privatsammlung, Deutschland.
Eine nahezu identische Pendule, stammend aus der Richard Redding
Collection, wurde in unserer Dezember-Auktion 2011 (Katalognr. 1052)
verkauft.
Im Frühjahr 1629 trat an der Frankfurter Fastenmesse zum ersten Mal ein
Elefant auf, der verschiedene Kunststücke vorführte. Im Mai traf er in
Nürnberg ein, wo ihn nicht nur viele tausend Menschen für „2 Batzen“ be-
staunten, sondern wo auch die Gelehrten wissenschaftliche Diskurse über
ihn führten. Die weitere Reise führte den Elefanten nach Memmingen und
Graz. Im Mai 1630 wurde er nach Rom gebracht und erregte dort als erster
Elefant nach über 100 Jahren grossen Aufruhr, auch bei den Gelehrten
und Künstlern. Der Bildhauer Gian Lorenzo Bernini fertigte Studien vom
Elefanten an, die später als Vorlage für den berühmten, einen Obelisken
tragenden „Bernini-Elefant“ dienen sollten. Dieser wurde von Ercole
Ferrata nach Berninis Entwürfen geschaffen und steht heute auf der Piazza
della Minerva in Rom. Der rote Granit-Obelisk „Minerveo“ war von
Pharao Psammetich II. in Sais errichtet worden, wo er stand bis er nach
Rom gebracht und vor den Isis-Tempel gestellt wurde. Eine Zeit lang galt
der Obelisk als verschollen, bis er 1665 im Garten des Klosters Santa Maria
sopra Minerva wieder gefunden wurde. Zwei Jahre später entschied Papst
Alexander VII. Chigi, den Obelisken vor der Kirche des Klosters aufzu-
stellen, bis er Bernini beauftragte, mit dem Obelisken eine Monumental-
statue eines Elefanten zu schaffen. Ein Konkurrent Berninis behauptete,
der Obelisk würde niemals auf dem Tier stehen bleiben, daher wurde der
Elefant mit einem Sattel als Träger ausgestattet. Auf diesen Umstand weist
auch die Inschrift auf der Rückseite hin, die besagt, der Elefant zeige, dass
es eines robusten Geistes bedürfe, um eine solide Weisheit auszuhalten.
Jacques Gudin, wurde 1706 geboren in Saint-Cyr-en-Bourgogne als Sohn
eies Kaufmanns. Am 1. Oktober 1725 wurde er Meister Uhrmacher. Er war
zuerst Uhrmacher in der Pfarrgemeinde Mauregard bei Meaux, im Jahre
1731 wurde er in Paris ansässig, und war ab 1735 an die Quai des Orfevres
tätig. Er fertigte pro Jahr zwischen 80 bis 100 sehr exklusive Uhren. Der
Uhrmacher Jean Jodin arbeitete einige Jahre als „ouvrier libre“ für Gudin.
1731 heiratete er Henriette Le Noir, eine Tochter von Juwelier Pierre Le
Noir und Schwester von Jean-Pierre Le Noir. Aus dieser Ehe wurden 5
Kinder geboren, Jacques Jérôme Gudin wurde Uhrmacher und erfolgrei-
cher Nachfolger seiner Firma.
Lit.: H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris; S. 279 (biogr.
Angaben). J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1996; S. 329 f.
(biogr. Angaben).W. Heckscher, Berninis Elephant and Obelisk, in: The
Art Bulletin, Vol. 29, Nr. 3, 1947; S. 155-182. J.D. Augarde, Les ouvriers
du temps, Genf 1996; S. 90 (Abb. 55, eine Pendule mit sehr ähnlichem
Gehäuse, identischem Elefant und Sockel) und S. 346f. (Angaben zur
Dynastie Lenoir). H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris;
S. 374-377 (Angaben zur Dynastie Lenoir). F. J. Britten, Old clocks &
Watches and their makers, 1973; S. 215 (Abb. einer identischen Pendule
mit Musik). L. Uresova, Alte Uhren, 1986; S. 110 (Abb. einer Pendule mit
analogem Gehäuse). H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete Bronzen,
1986; S. 123 (Abb. 2.8.3, eine Pendule mit vergleichbare Gehäuse von
Saint-Germain) und S. 124 (Abb. 2.8.5, eine Pendule mit identischem
Elefant und Sockel). J. Ramon Colon de Carvajal, Catalogo de relojes del
patriomonio nacional, 1987, S. 23 (Nr. 4, eine Pendule mit identischem
Elefant). K. Maurice, Fine antique clocks of the 17th to 19th century, 1990,
S. 66 (Abb. 52, ein vergleichbarer Elefant mit Putto). G. Wannenes, Le
più belle pendole francesi - Da Luigi XIV all‘ Impero, 1991, S. 63 und 69
(Pendulen mit identischen Gehäusen). E. Niehüser, Die französische Bron-
zeuhr, 1997; S. 242 (Abb. 893, eine Pendule mit identischem Gehäuse).
P. Kjellberg, Encyclopédie de la pendule française du moyen age au XXe
siècle, 1977; S. 125 (Abb. C, eine ähnliche Pendule mit Chinesen-Aufsatz)
und S. 126 (Abb. A, B und C, Pendulen mit sehr ähnlichen Gehäusen).
CHF 95 000 / 125 000
EUR 88 000 / 115 700
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