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PostWar & Contemporary

3423*

FRITZWINTER

(Altenbögge 1905 - 1976 Diessen)

Kleiner Garten. 1958.

Öl auf Leinwand.

Unten links signiert und datiert: fwinter 58,

sowie verso betitelt, signiert und datiert:

Kleiner Garten fWinter 58.

70 x 80 cm.

Provenienz:

- Sammlung Hermann Kessler, Kassel;

direkt vom Künstler Ende der 1950er

Jahre erworben.

- Durch Erbschaft an den heutigen Be-

sitzer; seitdem Privatsammlung Nord-

deutschland.

Ausstellung:

- 1962 Kassel, Fritz Winter. Neue Bilder und

Bilder aus Kasseler Privatbesitz. Kasse-

ler Kunstverein, 21 Januar - 19 Februar

1962, Nr. 73.

- 1992/1993 Kassel, Fritz Winter 1905-

1976. Staatliche Museen Kassel, Neue

Galerie, 21. November 1992 - 31. Januar

1993, Nr. 174.

Literatur: Lohberg, Gabriele: Fritz Winter.

Leben und Werk mit Werkverzeichnis der

Gemälde und einemAnhang der sonstigen

Techniken, München 1986, Nr. 2175.

„Es geht um die Loslösung vom äusseren

Anschein und das Wichtignehmen der

inneren treibenden Kräfte, die nicht unmit-

telbar sichtbar sind, des inneren Gefüges,

das nicht unmittelbar greifbar ist.“ (Ernst

Kállai zit. nach: Hubertus Gassner. Naum

Gabo – Fritz Winter 1930 – 1940, Ausst.

Kat. Museum Folkwang Essen 2003, S. 77).

Ernst Kállai trifft mit seiner Beschreibung

zur Naturdarstellung in der abstrak-

ten Kunst Fritz Winters künstlerisches

Anliegen im Kern. Kunst soll die inneren

Strukturen und Prozesse der Organis-

men und Dinge offenbaren - parallel zu

den neuesten naturwissenschaftlichen

Kenntnissen, die zu Beginn des 20. Jahr-

hunderts Bahn brechen. In den 1930er und

1940er Jahren, als der Bauhaus Schüler

Fritz Winter sich intensiv mit dem künstle-

rischen Schaffen seiner Lehrer Paul Klee,

Wassily Kandinsky und seinemMentor

NaumGabo auseinandersetzt, ist in der

künstlerischen Repräsentation der Natur

bereits ein tiefgreifender, revolutionärer

Schritt vollzogen: Die Landschaftsdar-

stellung Anfang des 20. Jahrhunderts ist

geprägt von einem neuen Bild der Natur, in

dem diese „auf andere Weise bedeutsam

wir. Sie verliert an Eindeutigkeit, aber sie

gewinnt eine unbekannte Totalität. Ihr Ort

kann überall sein.(…) in uns und außer uns.“

(Gottfried Boehm: Das neue Bild der Natur.

Nach dem Ende der Landschaftsmalerei,

in: Manfred Smuda (Hrsg.). Landschaft,

Frankfurt /M, 1986, S. 108).

Tief von dieser künstlerischen Auffassung

überzeugt arbeitet Winter - reduziert auf

die malerischen Mittel Farbe und Form - an

einer Wiedergabe der Natur. Er schichtet,

verzweigt und verwebt einzelne Linien,

Rechtecke und Flächen ineinander und

übereinander. Als Gründungsmitglied der

Künstlergruppe „Zen 49“ in München,

der auch Willi Baumeister, Rupprecht

Geiger, Julius Bissier und Rolf Cavael

angehörten, will er nach Kriegsende dieser

Kunstauffassung zu mehr Anerkennung

verhelfen, auch angesichts der Verfe-

mung als „entartete Kunst“ während der

Nazi-Herrschaft. Dieses Anknüpfen an die

Tradition der klassischen Abstraktion der

Vorkriegsjahre, das Weitertragen und Wei-

terentwickeln der künstlerischen Werte,

sowie die Verbreitung und Vermittlung der

Abstraktion als gleichwertiges künstle-

risches Ausdrucksmittel an ein breites

Publikum, stellen einen bedeutenden

Abschnitt in der Entwicklung der moder-

nen, abstrakten Kunst in Deutschland dar.

Winters vordringlichstes Anliegen ist es,

die Wirklichkeit, die Kräfte der Natur und

ihren dauernden Wandel gleichnishaft

sichtbar zu machen.

Ein wunderbares Beispiel für die Sicht-

barmachung der Natur und ihrer inne-

ren Strukturen ist das hier angebotene,

leuchtende Bild „Kleiner Garten“, indem es

Winter wieder einmal gelingt, die einzel-

nen Elemente als harmonisches Ganzes

zu gestalten unter Herausbildung einer

erstaunlichen Raumtiefe. Seit Ende der

1950er Jahre ist dabei eine Lockerung in

der Bildstruktur zu erkennen. Die Farbpa-

lette hellt sich auf, die in leuchtendem Rot

und Grün gesetzten Rechtecke akzentu-

ieren den fast monochromen Untergrund.

Zwischen den einzelnen Elementen

entsteht eine Energie und Spannung, die

heiter und fröhlich wirkt. Alles Formelhafte

einer Geste ist abgefallen. Frei und gelöst

ermöglicht Winter einen Blick in den blü-

henden Garten, die Dynamik des Pinsel-

striches wird zur Lebhaftigkeit der Natur.

CHF 25 000 / 35 000

(€ 23 150 / 32 410)