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397*Maestro del Corale Q di Montemorcino. Peru-
gia, ca. 1495-1500. Blatt aus einem Hymnarium
mit einer Gruppe Heiliger in einer Initiale
C. Pergament, 590 x 440 mm. Provenienz:
Montemorcino (Perugia), Kloster der Olivetaner
Brüder, bereits seit 1831 nicht mehr greifbar, seit
ca. 1990 englischer Privatbesitz.
Das vorliegende noch unveröffentlichte Blatt
aus einem aufgelösten Hymnar ist ein cha-
rakteristisches Werk des im ausgehenden 15.
Jahrhundert wirkenden Buchmalers, der nach
seinen Miniaturen im Corale Q bezeichne-
ten Chorbuch aus dem Olivetanerkloster in
Montemorcino bei Perugia benannt wird. Der
Hymnus, der mit der eine Heiligengruppe ber-
genden Initiale C eingeleitet wird, betrifft jenen
für das Allerheiligenfest (1.November) Christe
redemptor omnium conserva ...“ . Die heute in
Monte Oliveo Maggiore bei Siena aufbewahrten
Chorbücher aus Montemorcino wurden 1975
durch einen dreisten Raub arg dezimiert (F.
Gualdi, 1958, S. 3-27; ead. 2005-06, S. 71-102,
221-254).
Viele dieser Blätter flossen in der Folge in den
Kunstmarkt und konnten in vielen Fällen wieder
an ihren Ursprungsort rückgeführt werden.
Doch beereits vor dieser jüngsten Plünderung
und vor der 1831 erfolgten Überführung der
Chorbücher von Montemorcino nach Monte
Oliveto Maggiore bei Siena wurden Seiten
und - wie es scheint - ganze Chorbücher dieser
Serie veräussert. Das Hymnar, aus dem diese
Seite herausgeschnitten wurde, figuriert schon
1831 nicht mehr unter den Chorbüchern aus
Montemorcino und wurde gleich wie verschie-
dene Blattfragmente (vgl. das Fragment aus
der Lehman collection in New York, vgl. P.
Palladino 2003, S. 145-145) wohl schon in den
ersten Jahren des 19.Jahrhunderts während der
Säkularisierung veräussert. Damit steht fest,
dass vorliegendes Blatt bereits während der
napoleonischen Zeit in den Handel gelangte und
kein Zusammenhang mit den 1975 entwendeten
Blättern besteht, was auch unsererseits einge-
hend geprüft wurde.
Der namentlich nicht bekannte Buchmaler
dieser Blätter, Mitglied des Buchmalerkon-
sortiums um den Meister des Corale Q von
Montemorcino, scheint sich engst an der Kunst
der Monumentalmalerei um Perugino, Pinturic-
chio und Fiorenzo di Lorenzo und anderen zu
orientieren, die im ausgehenden 15. Jahrhundert
die künstlerische Szene in Perugia beherrschten.
Wie es scheint dürften die Chorbücher im letz-
ten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts entstanden
sein. Das Projekt dürfte sich gar bis ins frühe
16.Jahrhundert erstreckt haben (Gualdi, 2005-
06, S. 71-102).
Bibliographie: unveröffentlicht
Zitierte Literatur: Pia Palladino, Treasures
of a Lost Art. Italian Manuscript Painting of
the Middle Ages and Renaissance, exh. cat.
Cleveland/San Francisco/New York 2003,
S. 145-145; Fausta Gualdi, I corali di Monte
Morcino, in “Rivista d’Arte, XXXIII (1958), S.
3-27; Fausta Gualdi, Le miniature dei corali di
Monte Morcino di Perugia, in “Rivista di Storia
della Miniatura” 9-10, (2005-2006), S. 71-102
und 221-254.
CHF 7 000 / 10 000
EUR 6 480 / 9 260
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