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PORZELLANPENDULE „AUX CHINOIS“,Louis XV, das Zif-
ferblatt und Werk sign. THIOUT A PARIS (Antoine Thiout, ca. 1694
Paris 1767), das Porzellan China und Chantilly, 18. Jh., Paris um 1750/60.
Fein bemaltes Porzellan sowie vergoldete Bronze. In feinem Tellerrahmen
gefasstes und auf Baumstrunk ruhendes, von Blumenblüten umgebenes
Uhrgehäuse mit diversen chinesischen Figuren und Ente, auf geschweif-
tem, blätterbeschmücktem Bastionssockel. Emailzifferblatt mit römischen
Stunden- und arabischen Minutenzahlen. 2 fein durchbrochene und
vergoldete Zeiger. Feines Taschenuhrwerk mit Radunruh und Spindelgang
sowie Kette und Schnecke für das Gehwerk. Etwas zu revidieren. Bestos-
sungen und Fehlstellen. 18x12x32 cm.
Provenienz: Aus einer oesterreichischen Sammlung.
In den Jahren um 1740/50 wurden erstmals Porzellanobjekte mit Einrich-
tungsgegenständen kombiniert. Der Reiz lag darin, die nahezu „unzerstör-
baren“ Bronzen mit fragilen, bemalten Porzellanelementen zu verbinden
und durch diesen Kontrast eine neue Dekorationssprache zu finden. Au-
genfälligstes Merkmal dieser Pendulen, Cartelle und Girandolen war die
hochwertige Qualität und ausserordentliche Eleganz. Für diese Entwick-
lung waren die innovativen „marchands-merciers“ P. Hébert, F. Poirier, L.
Daguerre und P. Lazare-Duvaux verantwortlich - sie kauften Porzellanfi-
guren in Manufakturen, brachten sie den „bronziers“ und liessen daraus
nach eigenen Angaben oder den Vorstellungen ihrer Kundschaft neue
Prunkobjekte herstellen. Der Vielfalt schienen keine Grenzen gesetzt - an
einer einzelnen Pendule können sich Meissner Figuren und Blumen von
Vincennes oder Chantilly befinden, als Motive dienten galante Szenen,
Personen aus der Commedia dell‘Arte, Bauern, Jäger, orientalische und
chinesische Edelleute sowie Tiere. Die Kombination dieser Elemente und
Sujets verliehen den prunkvollen Objekten die für das Rokoko so typische
Leichtigkeit und Eleganz.
Nach der Erfindung des Hartporzellans wurde 1710 die Meissen-Manufak-
tur gegründet, als „Königlich-Polnische und Kurfürstlich-Sächsische Por-
zellan-Manufaktur“. Die Leitung der Manufaktur oblag bis 1731 mehreren
vom König selbst eingesetzten, in Dresden ansässigen Kommissionen.
Chantilly ist ein Französisches Weichporzellan. Die Manufaktur wurde
1725 von Louis Henry de Bourbon eröffnet. Von 1725 bis 1751 war Ciquaire
Cirou Direktor und während dieser Zeit wurden die berühmtesten Stücke
gemacht, die mit einer sehr weissen Zinn Glasur hergestellt wurden. Die
Meisten dieser Teile waren im Kakiemon Stil bemalt. Die Zeit von 1755 bis
1780 war auch wichtig für Chantilly, aber danach ging die Qualität bergab
und die Firma wurde um 1800 geschlossen.
A. Thiout, bekannt als „l‘Aîné“, wurde um 1694 in Jonvelle geboren
und starb 1767 in Paris. Er war erst mit Nicole-Madeleine, Tochter von
Uhrenmeister François Le Baigue, verheiratet, danach mit Marie-Claude
Benoist. Er war Bruder von Nicolas I und Vater von Charles, Nicolas II
and Marie Madeleine, die Ehefrau von Thomas-François De La Garde,
Uhrenmeister.<R>Compagnon in Paris vor 1715 bekam er sein Meisterdip-
lom am 18. Februar 1724 vermutlich auf Empfehlung von Trinity Hospital.
Als Garde-Visiteur (1742-1745), Horloger de S.M.C. la reine douairière
d‘Espagne, danach Horloger Ordinaire du duc d‘Orléans, in Anwartschaft
bei Jean Godefroy mit Befugnis am 18. April 1740 und in Ausübung im 1752.
Er gründete Enclos de la Trinité (1721), Rue du Four (1732), Quai Pelletier
dabei La Pendule d‘Equitation (1736). Dieser brillante Uhrenmacher stellte
zahlreiche Erfindungen der Académie des Sciences vor, insbesondere seine
Grossuhren (1724 und 1726) und seine Marineuhren. Im Jahre 1741 gründere
er zusammen mit Gallon eine Gesellschaft (die sich 1749 auflöste) um seine
wichtige Schrift „Traité d‘Horlogerie“ zu veröffentlichen, ein eindruckvolles
Werk welches vermutlich als erstes modernes Buch dieser Art bezeichnet
werden kann.<R>Den erworbenen Ruhm durch die Herstellung von Gros-
suhren und Astronimische Uhren brachten Thiout rasch eine auserwählte
Kundschaft.Er arbeitete für verschiedene „marchands-merciers“, wie N.
Gérard und F. Damault, benutzte unter anderem Gehäuse von G. Coulon,
A. Foullet und J.J. de Saint-Germain und stellte einige dreissig Uhrem im
Jahr her, die letzte mit Nummer 1320. Unter seiner Kundschaft an welche er
auch einige prächtige, mit Meissen Porzellan geschmückte Uhren verkaufte,
waren auch Herrschaften wie Crozat de Thiers, de la Noë, Angrand de Fon-
pertuis, die Comptessen de Sandwich, de Listernois, der Marquis de Ruffec,
de Béringhem, de Crussol, de Montpellier, de Argenson, de Souvré, die
Ducs d‘Aumont, de Boutteville, d‘Olonne, die Duchesse de Ruffec, die Prin-
zen de Grimberghen und de Conti. Unter Berücksichtigung der Zeitdauer
für die Herstellung dieser Uhr könnte sie auch von Nicolas I Thiout, Bruder
von Antoine, gemacht worden sein. Nicolas bekam seinen Meister am 9.
Mai 1733 und gründete Pont Notre-Dame (1748) und Enclos de l‘abbaye de
Saint-Germain-des-Près (1767).
Lit.: J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1996, S. 400f. (biogr.
Angaben zu Thiout).
CHF 40 000 / 70 000
EUR 37 000 / 64 800
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