

Impressionismus & Klassische Moderne
| 12
3210*
CAMILLE PISSARRO(Charlotte Amalie 1830 - 1903 Paris)
Paysage avec meules, Osny. 1883.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts signiert und datiert:
C. Pissarro / 1883.
46 x 55 cm.
Provenienz:
- Bernheim-Jeune.
- Mme. Bérend.
- Durand-Ruel (erworben bei Bérend 2.
April 1912).
- Mme. Belval (erworben bei Durand Ruel 8.
Februar 1941).
- Mr. and Mrs. S. Samuels (um 1954).
- Sotheby’s London, 2 Apr. 1979, Nr. 26
(mit Farbabb.).
- Privatsammlung, New York (an obiger
Auktion erworben).
Ausstellungen:
- Basel 1953, Tableaux français: Bonnard,
Degas, Gaugin, Matisse, Monet, Picasso,
Redon, Soutine, Utrillo, Vlaminck und
andere, Galerie Château d’Art, Beyeler,
10.3.-11.4.1954, Nr. 14.
- London 1954, Three Generations of Pis-
sarros, O’Hana Gallery, 22.4.-15.5.1954,
Nr. 7 (verso mit Etikett).
Literatur:
- Pissarro, Joachim/Durand-Ruel Snolla-
erts, Claire: Pissarro. Catalogue critique
des peintures, Paris 2005, Band II, S. 478,
Kat. Nr. 718 (mit Abb.).
- Pissarro, Ludovic Rodo/Venturi, Lionello:
Camille Pissarro. Son art – Son oeuvre.
Paris 1939, Nr. 589.
Die schöne "Paysage avec meules" ist ein
beeindruckendes Beispiel der Entwicklung
Pissarros in den frühen 80er Jahre. Die
Impressionisten orientieren sich dann alle
neu. Während Renoir und Monet in den
Süden ziehen, bleibt Camille Pissarro in der
Region Paris, mietet sich ein Haus in Osny,
in der Nähe von Pontoise, um sich von der
ländlichen Gegend inspirieren zu lassen.
1883 besucht ihn Gaugin und die beiden
malen hier zusammen. So kreuzen sich die
Wege zweier Maler, die sehr unterschied-
liche Lebenswege gehen: Gaugin, im
Zentrum von Paris geboren, denkt haupt-
sächlich darüber nach weit weg zu gehen,
auf möglichst entlegene Inseln. Pissarro,
der auf einer solchen geboren wurde, einer
dänischen Karibikinsel, fühlt sich lediglich
auf dem der Stadt nahegelegenem Land
wohl. Er konzentriert sich auf Motive in der
Region Ille-de-France um Paris und sucht
nicht, wie viele seiner Malerfreunde, weit
entfernte Gegenden auf.
Das vorliegende Werk entsteht im Spät-
sommer, kurz bevor Pissarro ein erstes Mal
nach Rouen geht. Pissarro schreibt seinem
Sohn Lucien nach London, wie seine Aus-
stellung imMai bei Durand-Ruel in Paris
angekommen ist. Die Kritik ist geteilter
Meinung. Pissarro selbst zeigt sich wie
immer eher enttäuscht. Noch stösst der
Impressionismus und die jetzt aufkom-
menden ersten pointilistischen Ansätze
auf sehr viel Unverständnis. Erst einige Zeit
später erkennt man die grosse Bedeu-
tung und die Ästhetik dieser stilistischen
Neuerungen an.
Heuhaufen gelten heute als eines der
wichtigsten Motive des Impressionismus.
Die Geschichte ihrer Darstellung in der
Malerei reicht aber weiter zurück. Eines
der grossen Malervorbilder von Pissarro,
der Realist Jean-François Millet, zeigt
sie bereits in seinen Werken, wenn auch
noch imHintergrund, wie z. B. in seinem
berühmten Werk Les Glaneuses von 1857,
Öl auf Leinwand, Musée d’Orsay, Paris.
Sie sind aber wie später auch bei Pissarro,
bewusst in Szene gesetzt. In ihnen ist das
Thema der Arbeit der Landbevölkerung
enthalten, ein Aspekt, der gerade bei
Pissarro eine sehr grosse Rolle spielt. 1872
malt Pissarro vier grosse Querformate, die
vier Jahreszeiten, für den Bankier Achille
Arosa. Für die Darstellung des Sommers
wählt er eine idyllische Landschaft mit
vielen Heuhaufen. Seither geht er in dieser
Jahreszeit immer gerne auf die Suche
nach solchen Motiven. Oft zeigt er sie
mit den Bäuerinnen und Bauern bei der
Arbeit. Hier entscheidet er sich jedoch,
wie in den vier Jahreszeiten, eine Land-
schaft ohne Menschen zu zeigen. Die so
alleine stehenden Heuhaufen wirken aber
umso mehr als Symbole für die dahinter
steckende Arbeit, strahlen jedoch in dem
sommerlichen Licht eine grosse Ruhe aus.
So wird eine einfache, meisterhaft kompo-
nierte Landschaft zum Symbol der Arbeit
und der Hoffnungen des Menschen, eine
Hommage an die Ernte.
Es geht bei solchen Ansichten auch dar-
um, mit den impressionistischen und poin-
tilistischen Stilmitteln den Eindruck, die At-
mosphäre einzufangen. So vernimmt man
als Betrachter dieser Landschaft geradezu
das sommerliche Flimmern der Hitze.
So entstehen imOeuvre des impressio-
nistischen Meisters lange vor der berühm-
ten Serie Claude Monets, die er ab 1890
malt, bereits Ansichten von Heuhaufen.
Solche Kompositionen erzeugen eine
unvergleichlich starke Wirkung. Keine
andere Serie vermag es Sujet, Technik und
Ästhetik in einer solchen Weise zusam-
menzubringen und aufeinander Bezug
nehmen zu lassen.
CHF 800 000 / 1 400 000
(€ 740 700 / 1 296 300)