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PostWar & Contemporary
3432 MARKUS LÜPERTZ(Reichenberg 1941 - lebt und arbeitet in
Düsseldorf)
Susanne. 1986.
Terrakotta.
Auf der Rückseite unten monogrammiert:
ML.
160 x 70 x 70 cm.
Das Werk ist imArchiv des Künstlers unter
der Nummer: MLP 31/00 verzeichnet.
Provenienz: Privatsammlung Deutschland.
Ausstellungen:
- Zürich 1986, Markus Lüpertz. Skulpturen
in Ton. Galerie Maeght Lelong, Oktober –
November 1986.
- Karlsruhe 1991, Markus Lüpertz.
Rezeptionen-Paraphrasen. Städtische
Galerie im Prinz-Max-Palais, 4. Oktober -
8. Dezember 1991.
- Karlsruhe 1999 - 2002. Dauerleihgabe,
Städtische Galerie Karlsruhe.
Literatur:
- Dupin, Jacques/Blistène,Bernard: Markus
Lüpertz. Skulpturen in Ton, Zürich 1986
(Abb. Nr. 1).
- Schulz-Hoffmann, Carla, u.a.: Markus
Lüpertz. Rezeptionen - Paraphrasen,
Karlsruhe 1991, Nr. 72 (Abb. 116).
- Schmalenbach, Werner, u.a.: Landesaus-
stellung 1990, Ursprung und Moderne.
Linz 1990 (Abb. S. 46).
- Paparoni, Demetrio: Art in wonderland.
Markus Lüpertz, in: Tema Celeste,
International Art Review, N.25, April-June
1990, S. 30 (Abb. S. 32).
- Schmeller, Véronique: Eighty. Paris 1990
(Abb. S. 129).
Mit den 1960er Jahren formiert sich in
Deutschland eine junge Künstlergenerati-
on, die die Kunst und den Kunstbetrieb auf
Jahre hin verändern wird.
Ihnen allen ist eine politische Haltung zu
eigen, so dass die Kritik amWirtschafts-
wunderland und seiner Gesellschaft im-
mer wieder thematisiert wird; gleichzeitig
reibt sich genau diese Gesellschaft an der
provokativen, neuen Kunst. Sie stellen aber
auch den klassischen Kunstbegriff und
die traditionellen Gestaltungsprinzipien in
Frage und suchen nach eigenen Wegen.
Zu dieser Generation gehören neben
Markus Lüpertz auch Anselm Kiefer, Georg
Baselitz, Jörg Immendorf und A.R. Penck,
die alle auf unterschiedliche Weise zur
figürlichen, expressiven Malerei zurück-
kehren.
Markus Lüpertz flieht 1948 mit seiner
Familie aus Böhmen ins Rheinland. Nach
zwei erfolglosen Versuchen einer Lehre,
besucht er zwischen 1956 und 1961 die
Werkkunstschule in Krefeld und verdient
sich Geld im Berg- und Strassenbau.
Seine Studienzeit an der Kunstakademie
Düsseldorf dauert nur ein Jahr, dann wird
er exmatrikuliert. Auch seine Verpflich-
tung bei der französischen Fremdenlegion
ist nur von kurzer Dauer. 1962 zieht er
nach West-Berlin, um demWehrdienst zu
entkommen; hier beginnt dann auch seine
eigentliche künstlerische Laufbahn. Mit
Hödicke, Diehl, Petrick und Sorge gründet
Lüpertz die Selbsthilfegalerie „Grossgör-
schen 35“. 1969 zeigt Klaus Gallwitz seine
Werke erstmals in einer Talentschau in
Baden-Baden. Im darauffolgenden Jahr
erhält er den Preis der Villa Romana und
verbringt ein Jahr in Florenz. 1974 wird er
als Professor für Malerei an die Kunstaka-
demie Karlsruhe berufen und übernimmt
1988 für 20 Jahre die Leitung dieser
bedeutendsten Kunstakademie Deutsch-
lands. Er holt international renommierte
Künstler als Professoren wie z.B. Jannis
Kounellis oder Rosemarie Trockel und
prägt eine ganze Generation deutscher
Künstler.
1986 schafft Markus Lüpertz eine beein-
druckende Reihe von Tonsklupturen, die
vordergründig den Einfluss der Skulpturen
Picassos und Giacomettis zeigen, und
auch das detaillierte Wissen über die Kunst
der Expressionisten und ihrer Vorbilder
der Primitiven Kunst ist nicht von der Hand
zu weisen. Dennoch geht es bei diesen
groben, voluminösen Skulpturen nicht um
die Darstellung eines Abbildes einer Frau
oder einer Botschaft mit Hilfe der Kunst,
sondern um die Frage, was die Kunst und
der Bildhauer entstehen lassen können,
und was sie beim Betrachter auslösen, wie
Jacques Dupin eindrücklich beschreibt:
„ Die Arbeit Lüpertz‘: Entzückung und
Entführung, das Wiedererscheinen eines
verbrannten Erbes, die Urbarmachung der
Wüste … Durch das Anhäufen von Ge-
spenstern und das Abziehen von Materie
und, umgekehrt, durch die Vertreibung
des Gespenstes mit demAtem und der
Erschaffung eines fremden Körpers. Es ist
ein Hymnus – die immer gleiche Dithy-
rambe – auf die Frau, auf die unmögliche
Gottheit, deren straffe und gebrochene
Nackheit aus der Kühle ihrer Kerben und
in ihren aufstiebenden Eruptionen zum
Leben erwacht. Als würde sie jedesmal aus
demAuseinanderbersten ihrer Spannun-
gen, aus ihrem skulpturalen Erscheinen,
aus der Entfaltung ihrer Weiblichkeit neu
geboren. Eine Weiblichkeit, die um so
vollendeter ist, als sie unvollständig bleibt,
um so intensiver strahlt, als sie liebevoll
gemartert wurde.“ (zit. Jacques Dupin, in:
Ausst.Kat. Markus Lüpertz. Skulpturen in
Ton, Oktober – November 1986, Zürich
1986).
CHF 60 000 / 80 000
(€ 55 560 / 74 070)