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Page Background 1077A* SELTENE KREUZIGUNGSGRUPPE,

Meissen, Modell J.J. Kändler,

1737-1747.

Das seperate hölzerne Kreuz mit dem Porzellan Corpus Christi und

Schriftband INRI (Jesus von Nazareth Rex Judaeorum), über einem Na-

tursockel mit Totenkopf und Gebeinen, dem Kalvarienberg, darauf kniend

Maria Magdalena, mit beiden Armen das Kreuz umarmend. Flankierend

die separaten Figuren Mutter Gottes und Hl. Johannes, auf einem hölzer-

nen Sockel. Mutter Gottes und Hl. Johannes mit Spuren einer untergla-

surblauen Schwertermarke. H 16 cm, 16,5 cm, 19,5 cm. H Gesamt 43 cm.

Rechter Arm der Mutter Gottes und rechte Hand der Maria Magdalena

fehlen. Spuren von alten Restaurierungen und Bestossungen. (4)

Provenienz: Privatsammlung, Deutschland.

Vergleichsmodelle:

-Zu einer ähnlichen Gruppe bei Angela Wallwitz, Celebrating Kaendler

1706-1775, 2006, S.131-133.

-Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg,

Inv.Nr.Ke

696-698

(komplette Gruppe)

-Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, Slg. Blohm,

Inv.Nr

. B47

(Kruzifix mit Kalvarienberg)

-Porzellansammlung im Zwinger, Dresden,

Inv.Nr

. P.E. 1877, 1879

(Johannes und Maria)

-Bayerisches Nationalmuseum, München,

Inv.Nr

. Ker1575 (Johannes)

Die kirchliche Plastik spielte im Meissener Formenrepertoir vor allem

in den frühen Jahrzehnten der Produktion eine relativ grosse Rolle. Mit

ihrem Manufakturgründer, August dem Starken, Kurfürst von Sachsen

(1670-1733), der als Voraussetzung für seine Krönung zum König in Polen

1697, zum katholischen Glauben konvertiert war, erhielt die Meissener

Manufaktur im protestantischen Sachsen von Beginn an eine katholische

Prägung.

Es entstanden vor allem in der ersten Hälfte des 18. Jh. eine Reihe von

beeindruckenden, auch grossen Figuren- und Altarausstattungsserien,

die zum Teil im Besitz des sächsischen Hofes blieben, aber auch zu

einem wesentlichen Teil als diplomatische Geschenke nach Rom oder an

andere europäische Fürstentümer gesandt wurden. Zu den berühmtesten

Bestellungen gehören eine 1731 von Johann Gottlieb Kirchner entworfene

Pietà mit einer Serie von Heiligenfiguren. Ab 1735 erhielt Johann Joachim

Kändler mit der sogenannten ‚Römischen Bestellung‘ für Kardinal

Annibale Albani den Grossauftrag für eine umfangreiche Altarausstattung

mit grossen Apostelfiguren von Peter und Paul, heute im Albani Diözesan

Museum Urbino. (M.Cassidy-Geiger, Fragile Diplomacy, 2007, S. 212, 214

Abb.10)

Die erste Kreuzigungsgruppe, aus Böttgerporzellan, entstand bereits

1719, Modelleure waren Benjamin Thomae (1682-1751) und Hofbildhauer

Balthasar Permoser (1651-1732). (I. Menzhausen, Alt-Meissner Porzellan in

Dresden, 1990, Abb.33)

1743 begann Kändler, der ein Schüler von Benjamin Thomae war, mit den

Arbeiten an seiner grössten vielfigurigen Kreuzigungsszene auf dem Kalva-

rienberg (Schwanenservice, Meissener Porzellan für den Grafen Heinrich

von Brühl, 2000, S. 222

Kat.Nr.

167). Das Zentralmotiv des Corpus

Christi, am Fusse die trauernde Maria Magdalena auf einem Natursockel

mit Totenkopf und Gebeinen, Attribute der Vergänglichkeit, war ganz

offensichtlich Vorbild für unsere hier angebotene Kreuzigungsgruppe.

Die Arbeit an dieser kleineren Gruppe begann nach Fertigstellung der

grossen Kreuzigung. In den Arbeitsberichten vom Januar 1745 findet sich

folgender Eintrag: „4. Ein kleines Cruzifix im Modell Corrigiret und tüch-

tig gemacht“. Im Februar 1745: „1. Eine kleine Fügur Welche den Evan-

gelisten Johannes Vorstellet Corrigiren und tüchtig Stand gesetzet damit

solcher zum abformen hat können befördert werden; „2. Ein Fügürlein die

Mutter Maria Ebenfalls Corrigiret und in gehörigen Stand gesetzet“. Der

Sockel der Maria Magdalena scheint in einem Eintrag vom November

1747 erfasst: „3. Annoch Ein Marien Magdalenen bild im kleinern wie sel-

bige auf dem berge das Creuz Christi kniend küsst, im Modell Corrigiret“

(Wallwitz 2006, op.cit, S.133)

CHF 12 000 / 18 000

(€ 11 110 / 16 670)

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