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LACK-KOMMODE,

Louis XV, monogr. FG (wohl François Garnier,

gest. 1774), Paris um 1760.

Holz allseitig gelackt im „goût chinois“; auf rotem und schwarzem Fond

polychrome, idealisierte Park- und Pagodenlandschaft, exotische Vögel

und Blütenzweige. Geschweifter, trapezförmiger Korpus mit vorstehenden

vorderen Eckstollen auf wellig ausgeschnittener Zarge mit geschweiften

Beinen. In der Mitte gebauchte Front mit 2 Schubladen ohne Traverse.

Feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -sabots. Ersetzte,

mehrfach profilierte „Rouge Campan“-Platte. Restaurationen und Ergän-

zungen. 131x63x86 cm.

Provenienz: Aus einer europäischen Privatsammlung.

Das Monogramm FG wurde wissenschaftlich unterschiedlich identifiziert.

J. Nicolay glaubte darin das Monogramm von F. Gaudraux zu erkennen,

später wurde es mit dem Ebenisten F. Gavarelle in Verbindung gebracht.

Unserer Ansicht nach sind beide Thesen nicht schlüssig. Wir gehen davon

aus, dass es sich hierbei - der Meinung von A. Pradère folgend - um das

Monogramm von François Garnier handelt, dem Vater von Pierre Garnier.

F. Garnier ist quellenmässig belegt in den Jahren 1730 bis 1774 und die be-

kannten, mit FG monogrammierten Möbel stimmen stilistisch mit diesen

Jahren überein.

Lit.: A. Pradère, Die Kunst des französischen Möbels, München 1990; S.

247 (biogr. Angaben über P. Garnier mit Hinweis zum Monogramm seines

Vaters). P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S.

337. (biogr. Angaben). J. Nicolay, L‘art et la manière des maîtres ébénistes

français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 623 (mit biogr. Angaben zu F.

Gaudraux).

CHF 20 000 / 30 000

EUR 18 500 / 27 800

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1 PAAR PRUNK-APPLIKEN, L

ouis XV, aus einer Pariser Meister-

werkstatt, wohl nach Vorlagen von J.A. MEISSONNIER (Juste Aurèle

Meissonnier, 1663-1750), Paris um 1750/60.

Matt- und glanzvergoldete Bronze. Geschweifte Wandplatte mit 3

markant geschweiften, gedrehten und unterschiedlich hoch angesetzten

Lichtarmen mit blätterförmigen Tropftellern und blütenförmigen Tüllen.

Elektrifizierungslöcher. H 62 cm.

Provenienz: Aus deutschem Besitz.

Eine sehr ähnliche Applike ist abgebildet in: H. Ottomeyer/P. Pröschel,

Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizis-

mus, München 1986; I, S. 143 (Abb. 2.11.17). Ein weiteres, ähnliches Paar

Prunk-Appliken wurde in unserer September-Auktion 2009 (Katalognr.

1103) verkauft.

J.A. Meissonnier war als Ornamentzeichner, Maler, Bildhauer, Architekt,

Dekorateur und Goldschmied in Paris tätig. In der Tradition der Borro-

mini-Schule aufgewachsen, reiste er bereits als sehr junger Mann nach

Frankreich, wo er sich rasch einen bedeutenden Ruf als Goldschmied er-

warb. 1724 erhielt er das Brevet als „orfèvre du Roi“, 1726 als „dessinateur

de la chambre et du cabinet du Roi“. Meissonnier gab der von Lepautre

und Daniel Marot begründeten dekorativen Kunstrichtung eine neue,

fantastisch-bizarre, kapriziöse Wendung und schuf zwischen 1720 und 1750

jenen extremen Rocaille-Stil, dessen originellste Formen in der Ornamen-

tik Verwendung fanden. Das Werk dieses Meisters umfasst Vorlagen für

alle möglichen Dinge des täglichen Gebrauches - Leuchter, Schreibzeuge,

Weinkühler, Lichtscheren, Degen, Stockgriffe u.v.m. - bis zu ganzen

Wand- und Zimmerdekorationen und stellt ein wahres kunstgewerbliches

Arsenal dar. Er entwarf Möbel und Saloneinrichtungen für den Pariser

Hof, den König von Portugal, die Königin von Spanien, die Fürstin Czar-

toryski und den polnischen Kron-Grossmarschall Bielinski. Meissonniers

Arbeiten sind fast nur noch als Nachstiche erhalten geblieben.

Lit.: Thieme/Becker, Leipzig 1999; 2/3, S. 352 (biogr. Angaben zu Caf-

fiéri). Ibid, 23/24, S. 347 (biogr. Angaben zu Meissonnier).

CHF 40 000 / 70 000

EUR 37 000 / 64 800

Möbel & Antiquitäten |

Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen

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