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Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen
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PIANINO MIT BOULLE-MARKETERIE "AUX FEMMES AI-LEES",
Louis Philippe, sign. IGNACE PLEYEL & COMP. MEDAILLE
D'OR 1827 & 1834, FACTEURS DU ROI, PARIS - INCRUSTATIONS
DE A BELLANGE EBENISTE EN CURIOSITES 33 RZE DES
MARAIS F.ST MARTIN, das Instrument aus der MAISON IGNACE
PLEYEL (1807-1866), die Marketerie von A.L. BELLANGE (Aléxandre
Louis Bellangé, 1794 Paris 1863), die Bronzen von J.J. FEUCHERE
(Jean Jacques Feuchère, 1807 Paris 1852), num. 4798 sowie mit Signatur
eines "tableur" NOEL, Paris um 1835.
Ebenholz furniert auf Palisander und ausserordentlich fein eingelegt mit
Messingfilets; Blattwerk, Rosetten, Filets, geometrischen Motiven und
Zierfries. Rechteckiger Korpus mit profiliertem Blatt auf gerader Tasta-
turzarge mit markanten vorderen Karyatidenstützen und verspiegelter
Rückwand auf eingezogenem Sockel mit 2 Pedalen. Ausserordentlich feine
Schildpatt- und Perlmutt-Tastatur mit Umfang von 6 Oktaven von ,F bis
f''''. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge
und -applikationen in Form von Sphingen, Blattwerk, Chimären, Palmet-
ten, Mäanderband und Zierfries. Die Mechanik restauriert und bespielbar
der Resonanzboden in sehr gutem Zustand. 126x64x110 cm.
Provenienz:
- Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefertigt für den Baron
James de Rothschild (Frankfurt 1792-1868 Paris) für sein Hôtel,
19 Rue Laffitte, Paris.
- Europäische Privatsammlung.
Das hier angebotene Pianino ist in den Geschäftsbüchern und Archi-
ven der Maison Pleyel unter der Nummer 4798 notiert; "pianino Ebène
ornementation Cuivre ornements de la renaissance, clavier nacre" sowie
mit Erwähnung des Namens Rothschild. Die Arbeiten begannen 1835 und
das Instrument blieb bei Pleyel, ehe es 1836 in die Ateliers von A. Bellangé
und J.J. Feuchère gesandt wurde.
Das hier angebotene Instrument mit der vertikalen Saitenstellung sowie
mit 2 Saiten pro Note stellt eine Spezialität der Maison Pleyel dar, welche
seit 1831 sich sehr grosser Beliebtheit erfreute, und die innovative Potenz
des bedeutenden Instrumentenherstellers fundamentierte.
Das Pianino wurde 1836 von Baron James de Rothschild für seinen Pariser
Stadtpalast an der Rue Laffitte bestellt. Der Baron erwarb ihn im Jahre
1818 vom Comte de Larbode. Im Jahre 1831 beauftragte er den Theaterre-
giseur H. Duponchel (Henri Duponchel, 1794-1868), ein komplett neues
Stadtpalais zu konzipieren und liess das ursprüngliche Gebäude nieder-
reissen, um - ganz der aktuellen Mode folgend - ein grosszüges Palais im
Renaissance-Stil zu errichten, sowohl für die architekturalen Elemente der
Aussenseite als auch für die Dekoration und Einrichtung. H. Duponchel
arbeitete dafür mit den bedeutendsten Künstlern seiner Zeit zusammen;
J.N. Robert-Fleury (Joseph Nicolas Robert Fleury, 1797-1890) malte die
Deckendekoration, A. Choiselat (Anbroise Choiselat, 1815-1879), J.B.J.
Klagmann (Jean Baptiste Jules Klagmann (1810-1869) und J.J. Feuchère
(Jean Jacques Feuchère, 1807-1852) fertigten die Skulpturen, Boiseri-
en, Treppen und Deckenstuckatur. Zeitgenossen lobten im Journal des
Artistes et des Amateurs vom 9. Oktober 1836 das imposante Ergebnis
wie folgt: "L'importance des ors, depuis le célèbre Hôtel d'Osmond, aucun
particulier n'avait fait construire une aussie riche demeure". Der Vicomte
de Launay beschrieb das Anwesen ironisch wie folgt: "Rue Laffitte, les
lambris sont cachés sous des étoffes merveilleuses, brodées, brochées,
lamées et si épaisses, si fermes qu'elles tiennent debout elles-mêmes. Les
ridaux sont fabuleusement beaux; on les met doubles, on les met triples,
et on les met partout. Les meubles sont tous dorés, les murs aussi". Die
Arbeiten waren 1836, dem Jahre der Bestellung des hier angebotenen
Instrumentes, vollendet.
In einer J.J. Feuchère zugeschriebenen Zeichnung mit den markanten
Frauenstützen, den eingerollten Bronzevoluten sowie der Formgebung
als auch der geometrische Marketerie findet sich die Vorlage für das hier
angebotene Pianino. Ein Prunk-Mitteltisch "aux femmes ailées", sign. L.A.
Bellangé und mit analogen Bronzestützen, wurde in unserer Juni-Auktion
2006 (Katalognr. 1342) für CHF 950 000.- verkauft.
Baron James de Rothschild
J. de Rothschild war der im Jahre 1815 Gründer der Filiale der Roth-
schild-Bank in Paris und eine illustre Figur in der hohen Gesellschaft der
französischen Metropole. Durch die Spekulation, dass das napoleonische
Empire vernichtend geschlagen werden würde, erlangte er zu einem
immensen Reichtum. In der Epoche der Restauration unterstützte er mit
grossem finanziellen Engagement Louis XVIII, später die Regierung und
Louis Philippe. Zudem finanzierte er die Unabhängigkeitsbewegungen in
Belgien, Griechenland, Italien und Spanien. Während der Juli-Monarchie
galt er mit einem Kapital von über 40 Millionen Francs als der reichste
Privatmann Frankreichs. Bei seinem Ableben im Jahre 1868 wurde sein
Vermögen auf über 150 Millionen geschätzt. Im Nachlass figurierten über
100 Altmeistergemälde von höchster Qualität. Er inspirierte mit seinem
Wesen berühmte Schriftsteller, so Stendhal in seinem Roman Lucien
Leuwen, Balzac in seiner Comédie Humaine als Baron de Nucingen oder
E. Zola in L'Argent. Aus seiner Ehe mit Betty de Rothschild entsprangen
fünf Kinder. Der kultivierte Kunstsammler war grosser Liebhaber von
Musik und liess seine Kinder musikalisch ausbilden. F. Chopin war gern
gesehener Gast und Klavierlehrer fürdie Gattin Betty sowie für die einzige
Tochter, Charlotte, welcher er mehrere Musikstücke, so unter anderem
die "Quatrième Ballade en fa mineur" oder "Valse pour piano en la bémol
majeur" widmete. Es ist somit anzunehmen, dass der berühmte Komponist
und Pianist das hier angebotene Pianino bespielte.
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