

Impressionismus & Klassische Moderne
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LOVIS CORINTH(Tapiau 1858 - 1925 Zandvoort)
Zinnien. 1924.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts signiert und datiert: Lovis
Corinth / 1924.
70 x 65,5 cm.
Provenienz:
- Privatsammlung Süddeutschland, 2012
vom jetzigen Eigentümer erworben.
Ausstellungen:
- Wolfsburg 1956, Deutsche Malerei.
Ausgewählte Meister seit Caspar David
Friedrich, Wolfsburg 1956.
- Wolfsburg 1958, Lovis Corinth. Gedächt-
nisausstellung zur Feier seines 100.
Geburtstages, Kunstverein Wolfsburg,
1958.
- Wolfsburg 1958, Lovis Corinth. Ge-
dächtnisausstellung zur Feier seines
100. Geburtstages, Städtische Galerie
München, 1958.
- Graufenau 1996, Aus tausend grünen
Spiegeln. Pflanzen und Blumen in der
Kunst des 20. Jahrhunderts, Galerie
Schlichtenmaier, Grafenau, 1996.
Literatur: Berend-Corinth, Charlotte/Her-
nad, Béatrice, Lovis Corinth: Die Gemälde,
Werkverzeichnis, Munich : F. Bruckmann,
1992, S. 177, Nr. 944 (mit Abb. S. 830).
Nach Ende des Ersten Weltkrieges und
imAlter von 61 Jahren zieht Lovis Corinth
sich in sein Haus amWalchensee in Bayern
zurück, welches seine Frau Charlotte
Berend für ihn bauen ließ. Es beginnt eine
sehr erfolgreiche Zeit, in der er vorwiegend
Landschaftsbilder, Portraits und Stillleben
malt. Der 1911 erlittene schwere Schlag-
anfall, der eine linksseitige Lähmung sowie
eine zitternde rechte Hand zur Folge
hatte, wirkt sich positiv auf sein weiteres
Schaffen aus. Denn Corinth beginnt sich
während der Genesungszeit mit neuen
Stilen wie zum Beispiel dem Expressionis-
mus auseinanderzusetzen und entwickelt
nach und nach eine neue Malerei. Die
zuvor stark dominierende Historienmale-
rei legt er ab und findet neues Interesse
im Portrait oder in der gegenständlichen
Malerei. Neben den vielen Selbstportraits,
in denen der zunehmend an Depressio-
nen leidende Maler sich selbst reflektiert,
beschäftigt er sich auch mit der Land-
schaft. Die Gemälde, die vorwiegend die
Umgebung seines Hauses amWalchensee
zeigen, wirken in Bezug auf Farbe und
Form beinahe schon expressiv. So auch
seine Blumenstillleben, von denen Corinth
in den 20er Jahren - in seinem Spätwerk –
zahlreiche hervorragende Kompositionen
anfertigt.
„Auch Corinth hat – und darin ist er ganz
Impressionist – die Welt immer mehr
durch den Schleier der Farbe gesehen.
Diese Farbe aber ist ihm nie, so wie es
etwa die Farbe Cézannes ist, reine Farbe
gewesen, an der Stoffliches nicht mehr
haftet, die daher nur das Auge beschäfti-
gen will. ImGegenteil, schon der Eindruck
des Feuchten, den Corinths späte Bilder
meist geben, setzt körperlich-sinnliche
Assoziationen voraus (…) Es ist nicht
richtig, zummindesten nicht exakt, hier
von einer Vergeistigung zu sprechen, denn
auch beim späten Corinth ist die Wir-
kung noch ganz auf Materie gestellt. (…)
Die eigentümliche Verinnerlichung in die
Kunst des späten Corinths liegt darin, dass
ihn ihr hinter dem Schleier des Farbigen
die andere, grob sinnliche Welt zuletzt
fast völlig versinkt. Was bleibt, ist eine
abgelöste, eine ganz ins Malerische und
ganz aus dem persönlichen verdichtete
Vision der Welt“. (Beenken, Hermann, Das
neunzehnte Jahrhundert in der deutschen
Kunst, München 1944, S. 219).
Das hier zur Auktion angebotene Werk ist
ein typisches Beispiel für Corinths späte
Blumenstillleben. Kaum ein Maler des 20.
Jahrhunderts hat ein solches Interesse an
Blumen wie Corinth. Das Gemälde ent-
steht im Jahr vor Corinths Tod und befin-
det sich somit in einer Spannung zwischen
sich ankündigender Sterblichkeit und uner-
schöpflicher Lebensfreude. Corinth setzt
die Vase nicht in die Bildmitte, sondern
versetzt sie an die rechte Tischkante, in
den Goldenen Schnitt. Diese komposito-
rische Feinheit erhöht den werkimmanen-
ten Spannungsbogen. Einzelne gedeckte
Töne brechen die Reinheit des Strausses
und kündigen bereits die Verwelkung an.
Als Gegenpol zu seinem gesundheitlichen
Zustand jedoch möchte Corinth vielmehr
die Fülle des Lebens, die Pracht des Da-
seins, darstellen. Das ganze Gemälde wird
von intensiven Farben dominiert, wobei
die Art der Blüten eine sekundäre Rolle
einnimmt. Die farbenprächtigen, prallen,
schwer wirkenden und vor Leben sprühen-
den Blüten sind in einem leuchtenden Rot
und Gelb wiedergegeben und durch die
pastoseren weißen Pinselstriche wer-
den die Blüten in ein angenehmes Licht
getaucht. In der richtigen Farbzusam-
mensetzung ist Corinth ein Meister und
indem er den Hintergrund und die Vase
in gedämpfteren Tönen darstellt, bringt
er jede einzelne Blüte in ihrer jeweiligen
Farbe zur Geltung und ein wunderschönes
Gesamtbild entsteht.
CHF 350 000 / 500 000
(€ 324 100 / 463 000)