

| 26
175[Cleland, John]. Memoirs of a Woman of
Pleasure. 2 Bde. Mit 2 gest. Frontispices u. 16
altkol. Aquatinta-Tafeln möglicherweise von
H.-F. Gravelot. London, G. Fenton [i.e Ralph
Griffiths], 1749 [=um 1760]. 8°. 288 S., [1] w.;
250 S., [1] w. Bl. Restaurierte braune Maro-
quin-Einbände d. Z. mit goldgepr. Rückentitel
u. Bandzahl sowie etwas Rücken-, Steh- und
Aussenkantenverg. (leicht berieben u. bestossen,
kl. Fehlstellen im Bezug fachmännisch ergänzt,
Vorsätze erneuert). In Halb-Maroquin-Kassette
im Stil d. Z. mit goldgepr. grünem Rückensch.,
Jahreszahl u. Besitzervermerk.
Eros invaincu 53 - David Foxon, „John Cleland
and the publication of the Memoirs of a Woman
of Pleasure“ in: The Book Collector 12, 1963,
S. 476-487 - nicht bei Pia, Enfer u. Kearney. -
Wohl zweite Ausgabe. -
David Foxon hat die turbulente und ereignisrei-
che Publikationsgeschichte und die Unterschie-
de der verschiedenen Exemplare des Werkes
in seinem interessanten Aufsatz ausführlich
untersucht. Er kommt zum Schluss, dass es sich
bei unserem Exemplar („Mr Graham Greene“)
um die zweite bekannte Ausgabe des Werkes
handelt, das er hier mit „B“ kategorisiert und
um 1760 datiert. Die erste Ausgabe, die Ende
1748 (Bd. 1) bzw. 1749 (Bd. 2) erschienen sei,
charakterisiert er hier mit „A“. Die Titel der
beiden ersten Bände sind praktisch identisch,
unterscheiden sich lediglich in der Gestaltung
der ornamentalen Holzschnitt-Titelvignette
von Thomas Parker. Aufgrund der, typisch für
Erstdrucke, irregulären Kollation bei Typ „A“
kommt er zum Schluss, das diese, der Ausgabe
„B“ vorausgegangen sein muss. Zudem erläutert
er, dass lediglich in „A“ die sodomistische Pas-
sage in Band II vorhanden ist: „Only edition A
includes two paragraphs which give the physical
details in Cleland‘s usual periphrastic style.“ Die
Original-Graphiken seien nicht älter als 1760
und nähmen insbesonders in unserer Ausgabe
Bezug zum Text, aus diesem Grund kommt Fo-
xon zum Schluss die Ausgabe um 1760 zu datie-
ren. Interessant ist auch, dass das Frontispiz erst
später hinzugefügt wurde und die Stiche wohl
Hubert-François Gravelot (1699-1773) zuge-
schrieben werden können: „The frontispiece to
vol. I is probably a late insertion or replacement.
The overall design of the plates is the same as
some of the engravings attributed to Gravelot in
an edition dated 1766 recently acquired by the
BM: cf. Cohen-de Ricci, col. 243.“.
„Though this book is said to be taken from a
very loose work, printed about two years ago,
in two volumes, and on that account a strong
prejudice has arisen against it, yet it does not
appear to us that this performance, whatever
the two volumes might be, (for we have not
seen them) has any thing in it more offensive to
decency, or delicacy of sentiment and expressi-
on, than our novels and books of entertainment
in general have: For, in thruth, they are most of
them (especially our comedies, and not a few of
our tragedies) but too faulty in this respect...“
(Ralph Griffiths in: „The Monthly Review“,
März 1750, II, S. 431.)
In John Clelands erotischem Briefroman „Fanny
Hill“ (im englischen Original mit dem Untertitel
Memoirs of a Woman of Pleasure) ist eine Frau,
aus deren Perspektive das sexuelle Leben in
England des 18. Jahrhunderts geschildert wird.
Cleland lässt die „Madam“ ohne ein Blatt vor
den Mund zu nehmen von ihren erotischen
Abenteuern mit einer stattlichen Anzahl von
Männern erzählen. Eine Frau als Akteurin ihrer
eigenen erotischen Biographie - allein dieser
Umstand macht das vorliegende Buch zu einem
Werk der Weltliteratur und ebenso eines der am
meisten unterdrückten Bücher der Literaturge-
schichte des 18. Jahrhunderts. Erst 1963 wurde
es von einem New Yorker Tribunal vollständig
freigesprochen.
Hayn-G. I, 618-19: „Der Verfasser dieses
bedeutendsten Buches der englischen erotischen
Literatur ist John Cleland...[der] nicht das beste
Leben führte. In Kneipen und Bordellen, in
der Gesellschaft von Huren, Zuchthäuslern
und Debauchers hatte der geistreiche und viel
erfahrene Mann Gelegenheit, das Leben kennen
zu lernen, das ihm den Stoff für sein Buch gab.
Er soll es im Schuldgefängnis geschrieben haben
und das Gefängnis drohte ihm dafür, denn er
wurde wegen Veröffentlichung seines Werkes
angeklagt...“.
Stellenweise etwas angeschmutzt (Titelblätter
stärker), stellenweise leicht stockfleckig u.
vereinzelte Blätter stärker gebräunt. Die Tafeln
u. Bd. 2 teilweise etwas knapp beschnitten.
Vorderes Innengelenk Bd. 2 leicht angeplatzt.
Insgesamt aber sauberes Exemplar und in sehr
guter Erhaltung. Die Tafeln in schönem farb-
kräftigen Altkolorit.
Provenienz: Aus dem ehemaligen Besitz des
Schriftstellers Graham Greene (1904-1991)
mit eigenh. Besitzvermerk auf mont. Etikett -
Bibliothèque Nordmann mit Exlibris - Christie‘s
5445, Nr. 94.
CHF 30 000 / 50 000
(€ 27 780 / 46 300)
Bücher |
Erotica aus einer bedeutenden Schweizer Privatsammlung
175