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3059*

HACKERT, JAKOB PHILIPP

(Prenzlau 1737 - 1807 San Piero di Carreggio)

Küstenlandschaft bei Vietri. 1776.

Öl auf Leinwand.

Unten mittig signiert und datiert: Ph. Hackert

pinx. Romae. 1776.

63 x 94 cm.

Gutachten: Dr. Claudia Nordhoff, 27.9.2012

(zusammen mit Los 3060).

Provenienz:

- Auktion Sotheby‘s, London, 9.12.1981, Los 5a.

- Privatsammlung Deutschland.

Literatur:

Nordhoff, Claudia / Reimer, Hans: Jakob

Philipp Hackert 1737-1807. Verzeichnis seiner

Werke, Berlin 1994, Band II, Kat. Nr. 102, Abb.

in Band I Nr. 41.

Diese qualitätsvollen und grossformatigen

Küstenansichten mit ruhiger und bewegter See

(Lose 3059 und 3060) sind charakteristische Bei-

spiele für das künstlerische Schaffen des Land-

schaftsmalers Jakob Philipp Hackert, die 1776

entstanden. Hackert war nach einer dreijährigen

Studienzeit in Paris am 18. Dezember 1768 mit

seinem Bruder Johann Gottlieb (1744 - 1773) in

Rom angekommen, wo er rasch zum berühmtes-

ten Landschaftsmaler nicht nur in der Ewigen

Stadt sondern in ganz Europa lancierte. Zu

seinen Auftraggebern gehörten neben Katharina

der Grossen und Joseph II. von Österreich, zahl-

reiche aristokratische Häupter sowie Papst Pius

VI. Hackert unternahm zahlreiche Exkursionen

in die nahe und ferne Umgebung Roms, die er in

Landschaftsstudien festhielt. Im Frühjahr 1770

reiste er nach Neapel, wo er vom englischen

Botschafter, Sir William Hamilton, der dort ab

1764 ansässig war, empfangen wurde. Hackert

erkrankte allerdings an einem heftigen Fieber,

weshalb er sich auf ärztliche Empfehlung in die

höhergelegenen Gegend von Cava di Tierreni

und Vietri zurückzog. Auch dort gab er sich der

Ruhe nicht vollkommen hin, sondern zeichnete

und malte mit grossem Eifer, so dass ihn, wie

Johann Wolfang von Goethe in seiner Biografie

des Malers berichtet, einmal ein starker Gewit-

terschauer überraschte und völlig durchnässte.

Dies war für die Genesung nicht förderlich und

so kehrte Hackert mit seinem Bruder erst im

November wieder nach Rom zurück. In dieser

Zeit entstand auch die Vorzeichnung für die

„Küstenlandschaft bei Vietri“ (siehe Nordhoff,

ebd., Kat. Nr. 621), die rechts die Steilküste in

das Bildfeld ragen lässt sowie die Schiffe auf der

ruhigen See und den im Vordergrund heraus-

ragenden Felsen zeigt. Möglichweise war der

zuvor erwähnte Gewitterschauer inspirierend

für die stimmungsvolle Darstellung von Los

3060 mit der stürmischen See. Thematisch wie

kompositorisch scheint „Der Schiffbruch“ ferner

vom französischen Landschaftsmaler Claude

Vernet (1714-1789) und möglicherweise dessen

Gemälde „Der Sturm“ von 1752 in der Kunst-

halle Karlsruhe (Öl auf Leinwand, 98,2 x 135,5

cm, Inv. Nr. 2690) beeinflusst zu sein, mit dessen

Oeuvre Hackert während seines Aufenthaltes

in Paris in Berührung kam. Hackert setzt den

Schwerpunkt allerdings nicht primär auf die

Darstellung der Bedrohung durch die Naturge-

walten, wie es insbesondere bei der niederländi-

schen Marinemalerei des 17. Jahrhunderts anzu-

treffen ist, sondern bringt die Faszination für die

stimmungsvollen Naturszenerien zum Ausdruck.

Das Genre der Seelandschaften findet sich eher

selten im Oeuvre von Jakob Philipp Hackert

und diese bedeutenden Gemälde mit ruhiger

und bewegter See können somit als besondere

Raritäten des Künstlers von musealer Qualität

bezeichnet werden.

Dieses sowie das folgende Los werden in enchè-

re réservée versteigert.

CHF 80 000 / 120 000

EUR 74 100 / 111 100

3059

Gemälde Alter Meister

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