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BÖCKLIN, ARNOLD(Basel 1827 - 1901 San Domenico di Fiesole)
Brandung. 1896.
Tempera auf Leinwand.
Unten links monogrammiert: AB.
40 x 144 cm.
Provenienz:
- Durch Erbschaft an Familie des Künstlers,
1901.
- Sammlung Sartorius Reinhold, Hannover,
1902, bei der Nachlassausstellung in Hannover
erworben.
- Sammlung Berta Reinhold, Berlin, 1922.
- Kunsthandlung Galerie Fischer, Luzern 1951,
um 1960 verkauft.
- Schweizer Privatbesitz.
Ausstellungen:
- IV Biennale Venedig, 22.4.-31.10.1901, Nr. 4,
mit dem Titel „Idillio“.
- Kunstsalon Hermes & Co., Frankfurt am
Main, November 1901.
- Kunstverein Hannover, 24.2.-24.3.1902.
- Kestner Museum, Hannover (verso Etikette).
- Arnold Böcklin. Zur Feier seines 100. Ge-
burtstages, 16.10.1927-5.2.1928, Nr. 185 (mit
Besitzervermerk Frau Berta Reinhold).
- Arnold Böcklin. Zum Gedächtnis an seinen
50. Todestag, Kunsthalle Basel, 23.6.-
19.8.1951, Nr. 120 (verso Etikette).
Literatur:
- Ausst. Kat. Esposizione Internazionale d‘arte
della città di Venezia. IV. Biennale Venedig,
22.4.-31.10.1901, S. 90, Kat. Nr. 4 unter dem
Titel „Idillio“.
- Schmid, H. A. : Arnold Böcklin, Vorwort,
München 1901, S. 71.
- Schmid, H. A.: Böcklin-Verzeichnis, München
1903, Nr. 396b (Supraporte, Meeresidylle,
Besitzer mit Böcklin-Verzeichnis Nr. 396c
vertauscht).
- Berger, E. Böcklins Technik, München 1906,
S. 138.
- Schmid, H. A.: Böcklin, München 1922, S. 50.
- Andree, Rolf: Arnold Böcklin. Die Gemälde,
Basel 1977, S. 517, Nr. 452 (mit Abb.).
Die Supraporte „Brandung“ stammt ursprüng-
lich aus Böcklins letztem Wohnsitz, der Villa
Bellagio, zwischen San Domenico und Fiesole
am Abhang des Monte Ceceri nördlich von
Florenz, die der Künstler vom 27. April 1895 an
bis zu seinem Tod (16. Januar 1901) bewohnte.
Sie hing zu Lebzeiten Böcklins im Esszimmer
seiner Villa und befand sich mit zwei weiteren
Supraporten nach Böcklins Ableben im Teil sei-
nes Nachlasses. Die Supraporte „Brandung“ war
mit dem Titel „Idillio“ an der IV. Internationalen
Kunstausstellung (Biennale) in Venedig vom 22.
April bis 31. Oktober 1901 im Saal K ausgestellt
(siehe Abb. 1 und unter Ausstellungen).
In einer in der Presse veröffentlichten Be-
sprechung dieser venezianischen Ausstellung
äusserte der Kunsthistoriker Prof. Richard
Muther aus Breslau Zweifel an der Autorschaft
bei fünf der ausgestellten Werke, darunter
auch bei den drei Supraporten und bezichtig-
te Böcklins Sohn Carlo, diese „fabriciert“ zu
haben. In dem auf die Klage von Carlo Böcklin
folgenden Prozess vor dem Schöffengericht in
Breslau wurde Muther am 26. September 1903
wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 300
Mark, eventuell zu 30 Tagen Gefängnis und
zur Zahlung der Verfahrenskosten verurteilt.
Entscheidend für den zu Ungunsten des Ange-
klagten ausgegangenen Prozess war die Aussage
des Kunstmalers Carl Müller-Coburg (1858-
1909), der Mitte der 1890iger Jahre in Fiesole
als Nachbar von Böcklin die Villa San Maurizio
bewohnte und mit dem Ehepaar Böcklin
befreundet war. Er und seine Frau Edith waren
beim Prozess in Breslau als Zeugen geladen,
und beide bekundeten übereinstimmend, sie
hätten die von Muther wegen ihrer Autorschaft
angezweifelten Bilder, u.a. die drei Supraporten,
„zu einer Zeit bei Arnold Böcklin gesehen, als
Sohn Carlo noch gar nicht Maler war“ (Hugo
Friedlaender: Ein Kunstprozess vor dem Bres-
lauer Schöffengericht. Böcklin-Muther, in: H.F.
Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhis-
torischer Bedeutung VI, Hermann Barsdorf
Verlag, Berlin 1912, S. 73).
Im November 1901 war Böcklins Nachlass im
Kunstsalon Hermes & Co. in Frankfurt am Main
ausgestellt, anschliessend jeweils für kurze Zeit
in diversen Galerien, Kunstvereinen und Kunst-
hallen in Berlin, Leipzig, Dresden, Hannover,
Bremen, Hamburg, Wien, auch im Künstlerhaus
Zürich (Sept.-Okt. 1902) und in der Kunsthalle
Basel (Okt.-Nov. 1902), zuletzt im Februar
1903 noch in Lemberg. Der Erstbesitzer der
Supraporte „Brandung”, Sartorius Reinhold aus
Hannover, wird dieses Bild anlässlich der Aus-
stellung des Böcklin-Nachlasses im Kunstverein
Hannover vom 24. Februar - 24. März 1902
erworben haben.
Böcklins „Brandung“, welche die kraftvollen
und dynamischen Bewegungen der Meeres-
wogen thematisiert, die in ihrer türkisfarbenen
Transparenz von weissen Schaumkronen ge-
säumt werden und auf eine Felswand zur Rech-
ten prallen, vor der sich zwei Meermänner vor
einer Grotte aufhalten und die anbrandenden
Wogen freudig erwarten, ist eines der letzten
Spätwerke des Künstlers, in denen er sich mit
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Gemälde des 19. Jahrhunderts
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