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403- Freidank. Proverbia eloquentis Freydangks
innumeras in se utilitates complectentia. Mit 1
gest. Kupferstich mont. auf dem Titel. (Leipzig,
Konrad Kachelofen, um 1490-1495). Gr.-8°. [36]
Bll. (Kollation: a-cVIII, dI-dVI). Einband-Rem-
boitage unter Verwendung einer flexiblen alten
Pergament-Handschrift (Stoffschliess-Bänder
fehlen; leicht gebräunt). Moderner Holz-Schu-
ber mit Maroquin-Einlage und blindgepr.
Rückentitel, Stoffeinlage.
GW 10323 - Hain 7360 - BSB-Ink F-258 -
Proctor 2894 - BMC III 629 - IA 11640 - ISTC
if00310000 - Kat. Aderlass und Seelentrost
(Berlin 2003), Nr. 85. - Der Dichter Freydank
wird von Zeitgenossen in der zweiten Hälfte
des 13. Jh. erwähnt und ist wohl im Zisterzien-
serkloster Kaisheim gestorben. Seine Heimat
ist mit grosser Wahrscheinlichkeit Bayern. Er
gehörte nicht dem ritterlichen und geistlichen
Stand an, sondern ist wohl als „vagus“, ein
fahrender Meister, anzusehen. Die "Bescheiden-
heit" ist keine Sprichwortsammlung, vielmehr
eine Sammlung sprichworthafter knapper
Denksprüche in gereimten Doppelviertaktern,
die religiöse und moralische Erkenntnisse des
hochmittelalterlichen Denkens vermittelt: "Ich
bynß genant bescheidenheit. Die aller tugende
krone treit". Vor der Drucklegung bereits in
zahlreichen Handschriften überliefert, entstand
die lateinisch-deutsche Fassung im 14. Jh. "Ganz
im Sinne der Spruchdichtung, die im Gegen-
satz zum idealisierten höfischen Minnesang als
'Gebrauchslyrik' in Erscheinung tritt, besteht
die 'Bescheidenheit' aus Lebensweisheiten und
Erfahrungssätzen, die sich auf die alltägliche,
ausserhöfische Wirklichkeit beziehen" (Kindler
V, 796). - Der Kupferstich mit einer Ecce
Homo-Darstellung wohl vom niederrheinischen
Stecher Israhel van van Meckenem d. Ä. (ca.
1430-1466). - Im Marburger Repertorium der
Freidank-Überlieferung werden insgesamt 11
Exemplare nachgewiesen. - In den Rändern
etwas feucht- und braunfleckig. Erstes und
letztes Blatt etwas angeschmutzt, stellenweise
fingerfleckig. Kl. Wurmlöchlein im unteren
weissen Rand (ohne Textverlust), Blattläsuren
und Einriss auf den ersten und letzten 2 Blatt
zumeist fachmännisch restauriert. Insgesamt in
gutem Zustand. - Auf letztem Blatt unleserlicher
hs. Notiz. Auf Titel gelöschter Besitzerstempel.
CHF 15 000 / 20 000
(€ 13 890 / 18 520)
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